Vorschläge von BVWW und DBSV für Lockerungsmaßnahmen im Wassersport und Wassertourismus

Köln/Hamburg, den 24. April 2020. Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. und Deutscher Boots- und Schiffbauer-Verband e.V. (DBSV) haben sich mit konkreten Vorschlägen für einen Neustart des Wassersports und Wassertourismus an Bund, Länder und Abgeordnete gewandt.

Die weitgehend touristisch geprägte Wassersportwirtschaft in Deutschland steht vor dem Kollaps und, falls sich ab Mai keine deutliche Lockerung der tourismusbeschränkenden Maßnahmen ergibt, vor einer massiven Insolvenzwelle.

Aktuelle wirtschaftliche Situation im Wassertourismus

Bei den rund 3.700 Unternehmen handelt es sich zu über 90 % um Unternehmen mit weniger als 15 Beschäftigten. Die durch die Bundesregierung und die Bundesländer beschlossenen Soforthilfen für Solo-Selbständige und kleine Unternehmen sind längst aufgebraucht. Liquiditätshilfen durch die KfW stellen für unsere Unternehmen bis auf sehr wenige Ausnahmen keine sinnvolle Unterstützung dar. Die Kredittragefähigkeit der Unternehmen ist in aller Regel zu gering, sodass Kredite perspektivisch zu einer Überschuldung und damit in die Insolvenz führen würden. Für viele Unternehmen ist die Lage bereits heute prekär. Rund 20% der Jahresumsätze entfallen auf den Zeitraum von Ende März bis Anfang Mai. Diese Umsätze sind unwiederbringlich verloren, da sie nicht nachgehpolt werden können.

Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen sind in Gefahr

Die Wassersportbranche generiert jährlich einen wassertouristisch induzierten Bruttoumsatz von rund 7 Mrd. Euro. Rund 100.000 Arbeitsplätze hängen von wassertouristischen Aktivitäten ab. Zu einem großen Teil in strukturschwachen, ländlichen Regionen. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg entfallen rund 15% des gesamten Tourismusumsatzes auf die maritime Wirtschaft. Beide Bundesländer haben in den letzten Jahren zig Millionen Euro in den Ausbau der maritimen Infrastruktur gesteckt. Das kann sich nun sehr schnell als teures Investitionsgrab erweisen. Es geht hier nicht nur um Tourismus, sondern auch um Lebensqualität im ländlichen Raum.

Wassertouristische Aktivitäten sind ein reines Saisongeschäft. Der Gesamtumsatz eines Jahres muss innerhalb der kurzen Zeitspanne zwischen Ende März und Ende September generiert werden. Da zählt jeder Saisontag!

Nachdem sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Covid-19 Virus drastisch verlangsamt hat, muss es nun darum gehen, die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder aufzunehmen, ohne die erzielten Erfolge zu gefährden. Gleichwohl, und darauf weisen die Verbände mit aller Dringlichkeit hin, ist ein Anlaufen der wassertouristischen Aktivitäten ab Anfang Mai unbedingt erforderlich. Dies kann und sollte in mehreren Schritten erfolgen.

Wassertouristische Aktivitäten (wie Segeln, Wind- und Kitesurfen, Stand up Paddling, Motor- und Hausbootfahren, Kanufahren, Tauchen etc.) stellen Outdoor-Aktivitäten dar, die an der frischen Luft mit einer sehr beschränkten Personenzahl stattfinden. Wassertouristischen Aktivitäten bieten daher alle Voraussetzungen dafür, dass die im Rahmen der Covid-19 Epidemie erlassenen Regeln des Gesundheitsschutzes eingehalten werden können:

Stufe 1 : Lockerungsmaßnahmen ab 4. Mai 2020

Hafenanlagen / Hausboot- und Yachtcharterbasen / Kanuverleihstationen und Kanubasen

  • Öffnung der Häfen bzw. Kanubasen und Aufhebung des Ein- und Auslaufverbotes. (Dies wurde bereits ab 20. April 2020 in verschiedenen Bundesländern und Regionen vollzogen). Das setzt die Aufhebung des Einreiseverbotes nach Mecklenburg Vorpommern und Schleswig-Holstein voraus.
  • Erlaubnis von Übernachtungen auf Segel- und Motorbooten entsprechend den jeweils geltenden kontaktbegrenzenden Maßnahmen. Schriftliche Zusicherung durch die Bootsführer.
  • Begrenzte Öffnung der Sanitärgebäude. Öffnung von vorerst einer Toilette und einer Dusche pro im Wasser/Hafen befindlicher Boote/Dauerlieger unter der Auflage, dass diese in den Geschäftszeiten zweimal täglich gereinigt und desinfiziert werden und Desinfektionsmittel in den Toiletten/Bädern bereit gestellt werden. Da die meisten Bootseigner ihre Bordtoiletten benutzen und ohnehin derzeit nur begrenzt Boote in den Häfen liegen, wird ein Infektionsrisiko maßgeblich verringert.
  • Grundversorgung mit Wasser und Elektrizität vom Steg aus, sowie mit Gas (aus dem Gasflaschenlager) und Treibstoff (Hafentankstelle bzw. Bunkerstation).
  • Entsorgung von Müll und Abwasser im Hafen (zentrales Mülllager bzw. Absaugstation). Entsorgung von Chemietoiletten, sofern außerhalb der Sanitärgebäude zugänglich.
  • Gestattung der Vermietung von Ferienwohnungen und schwimmenden Häusern in Häfen unter Einhaltung der allgemeinen kontaktbegrenzenden Maßnahmen (max. 2 Personen oder Personen aus einem gemeinsamen Haushaltes).

Generelle Hygienemaßnahmen: 

  • Einhaltung der Abstandsregeln (mind. 1,5 m) auf Stegen, von Boot zu Boot, im Hafengebäude (Hafenmeisterei) und im Hafengelände. Kontrolle und Sicherstellung von beauftragten Hafenmitarbeitern während der Hafenöffnungszeiten.
  • Spukschutz am Bedienungstresen im Hafengebäude (Hafenmeisterei). Tragepflicht von Mund- und Nasenschutz durch Mitarbeiter bei Kundenkontakt. Zugangssteuerung und Abstandsregelungen entsprechend den Regelungen im Einzelhandel.
  • Zweimal täglich Reinigung und Desinfektion aller Einrichtungen, die von Gästen benutzt werden (z.B. Sanitäranlagen, Entsorgungsstation für Chemietoiletten, Empfangstresen etc.)
  • Reinigungshygiene entsprechend den Empfehlungen des RKI.
  • Öffnung der Außenflächen der Hafengastronomie unter Abstandsauflagen.

Vermietung von Hausbooten, Segel- und  Motoryachten und Kanus

  • Vermietung von Booten und Kanus (wird bereits von einigen Bundesländern und Regionen praktiziert) an Gäste unter den folgenden Voraussetzungen:
    • Kontaktbeschränkungen gemäß den jeweils geltenden Vorschriften.
    • Erfassung der sämtlicher Personen pro Boot, sodass die Nachverfolgung von Kontaktpersonen bei Infektionen jederzeit möglich ist.
    • Mieter können durch Reservierungssysteme, Zuweisung von Zeitslots und kontrollierte Ausgabe des Materials gelenkt werden und haben zum Personal und zueinander hinreichend räumliche Distanz.

Generelle Hygienemaßnahmen: 

  • Reinigung und Desinfektion von Booten und Ausrüstung nach jedem Mieterwechsel.
  • Bereitstellung von Desinfektionsmitteln für den Bordgebrauch (bei Booten und Yachten).
  • Kontaktlose Übergabe der Boote und Ausrüstung. Einhaltung des Mindestabstandes bei Übergabe der Boote und Einweisung in deren Gebrauch. Tragen von Mund-und Nasenschutz durch die Mitarbeiter des Vermieters.

Gewerbliche Sportbootschulen 

  • Möglichkeit zur Vermietung von Windsurf- und Kitesurfmaterial, von SUP’s (Stand up Paddling) sowie Segelbooten und Katamaranen.
  • Praxisausbildung in den jeweiligen Sportarten. In Motorbooten und Segeljollen mit einer Belegung von maximal zwei Personen (Rudergänger und Vorschoter) und somit Wahrung des Mindestabstands von 1,5 m und Tragen von Mund-Nase-Masken. Bei Segelyachten mit einer Minimalbelegung von einer Person pro Kabine und Tragen von Mund-Nasen-Masken. Bei Einzelsportarten wie Windsurfen, Kitesurfen und Stand up Paddling erfolgt die Schulung durch Lehrer von einem separaten Boot oder Board,  in Stehrevieren mit dem notwendigen Sicherheitsabstand.
  • Theorieausbildung soll, wenn möglich, im Freien stattfinden unter Einhalten der Abstands-und Hygienemaßnahmen. Theorieunterricht in geschlossenen Räumen nur mit Mund-Nasen-Maske, bei geöffneten Fenstern und unter Einhaltung der Abstandsregel.
  • Vermietung von Booten und Ausbildung finden unter den o.g. Voraussetzungen und Hygienemaßnahmen statt, insbesondere der Abstandswahrung, dem Tragen von Mund und Nasenschutz, ständiger Desinfektionsmaßnahmen in der Infrastruktur sowie Desinfektion  nach Benutzerwechsel des Sportgerätes und des Bootes.

Stufe 2: Zusätzliche Lockerungsmaßnahmen ab 18. Mai 2020 

  • Erweiterte Öffnung der Sanitärgebäude unter Auflagen:
    • Zugangskontrolle und Sicherstellung der Abstandsregeln gemäß den jeweils gültigen Regeln für gastronomische Betriebe.
    • Stilllegen jeder 2. Duschkabine bzw. WC-Kabine, vorzugsweise Nutzung der Familienbäder und sanitären Einrichtungen an Bord.
    • Ausstattung der Sanitärgebäude mit Desinfektionsmittelspendern zur Handdesinfektion und Papiertaschentücher.
  • Vollständige Öffnung der Hafengastronomie (im Innenbereich unter Auflagen)
    • Die allgemeinen kontaktbeschränkenden Maßnahmen und Hygieneempfehlungen bleiben bis auf weiteres in Kraft bzw. sind den zukünftigen gesetzlichen Regelungen und Empfehlungen anzupassen.

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