ADAC-Skipper Interview: Aussteiger Jens Brambusch

Jens Brambusch

Nach einem Burnout lebt der Autor Jens Brambusch seit zwei Jahren in der Türkei an Bord einer Segelyacht. Wir haben per Videochat mit ihm über das Aussteigen und das Leben als „Liveaboard“ gesprochen.

Jens hat den Stecker gezogen.  Bis vor etwa zwei Jahren arbeitete er als Journalist für das Magazin „Capital“, recherchierte oft monatelang rund um die Uhr, traf sich mit Informanten, führte Interviews, recherchierte weiter, schrieb Geschichten. Jens war voll drin in seinem Job. Plötzlich ging nichts mehr. Burnout.

Der leidenschaftliche Wasser- und Strandsegler wusste recht schnell, dass er sein Leben ändern muss, um nicht vollends vor die Hunde zu gehen. Er fasste den Entschluss, in die Türkei zu ziehen – auf ein Segelboot. Während seines Studiums zum Islamwissenschaftler lebte er früher eine Weile dort und kennt das Land auch durch spätere Chartertörns sehr gut.

Daheim in Berlin verkaufte er alles, was er besaß, flog im September 2018 mit einem Freund in die Türkei, schaute sich Gebrauchtboote an und kaufte schließlich eine etwa 30 Jahre alte Moody 425. Seit zwei Jahren lebt er nun auf der „Dilly Dally“ in Kaş an der Südküste, arbeitet von Bord aus als Buchautor, Blogger und schreibt über sein Leben als sogenannter „Liveabord“ für das Wassersportmagazin float.

Ohne Zeitdruck auf Langfahrt

Eine Langfahrt steht noch auf seinem Plan, durch die Corona-Pandemie musste er in diesem Jahr das Vorhaben, durch das östliche Mittelmeer nach Israel, Palästina, in den Libanon und nach Ägypten zu segeln, über Bord werfen. Jens sieht das aber gelassen, denn er rät jedem dazu, sich erst einmal Zeit zu lassen, bevor man losfährt, um das Boot und sich selbst kennen zu lernen. Außerdem gefällt ihm sein neues Leben sehr gut und so hat er keinen Druck oder engen Zeitplan. Wann (und ob) er jemals wieder in ein normales Leben zurückkehrt, weiß Jens nicht. „Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, im Idealfall so lange wie möglich. Ich wollte zunächst erst einmal ausprobieren, ob ich meine Lebenshaltungskosten, die in der Türkei gering sind, durch das Schreiben decken kann. Es scheint ganz gut zu klappen.“ Nun soll es im kommenden Jahr auf eine Mittelmeerrunde gehen, bevor dann irgendwann ferne Reviere auf Jens und „Dilly Dally“ warten. Der Bootsname passt jedenfalls gut zum neuen Leben von Brambusch: „Dilly Dally“ bedeutet im englischen übersetzt „die Zeit vertändeln“.

Sein neuestes Buch hat er zusammen mit dem als „der Corona-Segler“ bekannt gewordenen Segler Sebastian Kummer geschrieben, der in einer 90-tägigen Odyssee während des Lockdowns einhand durchs Mittelmeer umherirrte und kein Land anlaufen durfte.

 

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