GPS Störungen auf Ostsee und Mittelmeer

Seit geraumer Zeit kommt es an der Ostsee und in anderen Seegebieten Europas vermehrt zu seltsamen Störungen des GPS-Signals. Was mögliche Gründe dafür sind und wie sich Skipper darauf vorbereiten können.

Dass GPS Signale ungenau sind oder gar Störungen aufweisen, ist keine Seltenheit. Meistens jedoch entstehen die gestörten Signale der zur Positionsermittlung vorhandenen Satelliten durch eine erhöhte Sonnenaktivität und sind dann nach kürzerer Zeit auch wieder verschwunden.  Auch können während Militärübungen die GPS Signale abweichend sein.

Seit Februar 2022 liegen in mehreren Seegebieten Europas und insbesondere auf der Ostsee erhebliche Fehlfunktionen im Global Positioning System, kurz GPS, vor. Teilweise hatten die Störungen auch große Auswirkungen auf die Luftfahrt. Hinter dem ungenauen GPS-System werden gezielte Störungen im Rahmen von aktuellen Kriegen und anderen Konflikten, wie dem Krieg in der Ukraine und dem Nahost-Konflikt vermutet. Experten sprechen hierbei vom sogenannten „GPS-Jamming“.

Sollte dies zutreffend sein, kann sogar befürchtet werden, dass die Situation weiter bestehen bleibt und sich auch noch auf weitere Gebiete der Ostsee ausweiten könnte. GPS Plotter arbeiten dann nicht mehr so genau wie gewohnt und es sind teils erhebliche Abweichungen berichtet worden.

Welche Gebiete sind betroffen?

Laut einem Sicherheits-Informationsbulletin der EASA (European Union Aviation Safety Agency) von November 2023 sind insbesondere die folgenden Bereiche von den GPS-Störungen betroffen:

  • Das Gebiet rund um Kaliningrad, die umliegende Ostsee und die angrenzenden Staaten (Kaliningrad, die Baltikum-Staaten, Polen)
  • Der südliche und östliche Mittelmeerraum und der Mittlere Osten (darunter Zypern, Türkei, Syrien, Jordanien, Libanon, Israel und Ägypten sowie Irak, Iran und Libyen)
  • Das Schwarze Meer (Türkei, Rumänien, Bulgarien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan)
  • Finnland und ein Teil der Arktis

Auf der Website gpsjam.org, welche frei zugängliche GPS-Störmeldungen auswertet und auf einer Karte erfasst, wurden zudem zwischen Dezember 2023 und Februar 2024 weitere Störungen im Ostseeraum, insbesondere in der südöstlichen Ostsee von der schwedischen Südküste über das Baltikum und Polen bis ins östliche Mecklenburg-Vorpommern erfasst.

GPSJAM Störung Ostsee 2. Februar
Von gpsjam.org verzeichnete Störung auf der Ostsee vom 2. Februar 2024 (Screenshot von gpsjam.org)

Die derzeitige Situation

Die ersten Berichte über Störungen in der GPS-Positionsermittlung gab es bereits Anfang März 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, im Ostseeraum: Damals berichtete die finnische Kommunikationsbehörde Traficom über zahlreiche Meldungen von Flugzeugen zu falschen GPS Signalen. Seither hatte es immer wieder Störfälle in der Ostsee gegeben, etwa im Oktober 2022 oder im März 2023, bei denen auch mehrere Schiffe und Fähren GPS-Ausfälle meldeten.

Seit Mitte Dezember 2023 treten die GPS-Störungen in der Ostsee wieder gehäuft auf, mit größeren Störfällen an den Weihnachtsfeiertagen, am 10. Januar und zuletzt am 2. Februar 2024.

Bedeutung der GPS-Störungen für die Seefahrt

Wie die GPS-Ausfälle bei Fähren und Schiffen gezeigt haben, kann auch die Seefahrt in genannten Gebieten von den falschen Signalen betroffen sein. GPS-Marine-Navigationssysteme können teilweise falsche Positionen anzeigen. Zwar nutzen die meisten modernen GPS-Navigationsgeräte sowohl das amerikanische NAVSTAR als auch das russische GLONASS – beide Systeme werden jedoch von Störsendern und Spoofern beeinflusst.

Da allem Anschein nach ein Zusammenhang zwischen den GPS-Störungen und den aktuellen Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten besteht, kann davon ausgegangen werden, dass sie während der nicht vorhersehbaren Dauer der Konflikte bestehen bleiben. Auch lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sich die betroffenen Gebiete nicht auch ausweiten können.

Was kann man tun?

Falls in diesem Jahr eine Reise entlang der betroffenen Küstengebiete geplant ist oder ansteht, sollten Sportboot-Skipper in jedem Falle mit Störungen rechnen, sie aber zumindest einplanen. Auch wenn die Reise schon seit langem geplant und sehnsüchtig erwartet wurde, sollte überdacht werden, nicht vielleicht einen alternativen Törnplan in andere Gebiete zu gestalten.

Muss die Reise – zum Beispiel eine Überführung – in jedem Falle entlang der Küsten Finnlands und der baltischen Staaten durchgeführt werden, muss mit Störungen unterwegs gerechnet werden. Daher sollte unter keinen Umständen die Navigation ausschließlich auf GPS basieren.

Aktuelle Papier-Seekarten und ein traditionelles und unabhängiges Navigationsbesteck sowie Kompass, Peilkompass, Fernglas und ggf. Sextant sollten in jedem Falle an Bord sein. Auch ist in diesem Fall eine genaue und exakte Törnplanung unerlässlich. Beachtet werden sollte auch, dass Systeme wie zum Beispiel AIS von den Störungen betroffen sind.

Navigationsplatz einer Segelyacht
Navigation mit Papierseekarten und Navigationsbesteck sollte für den Fall der Fälle geübt sein.