Seekrankheit: Ursachen, Symptome und Tipps zur Behandlung
Seekrankheit sollte an Bord nicht unterschätzt werden und kann im schlimmsten Fall sogar zu Notfällen führen. Unser Ratgeber mit allen Informationen zu Ursachen, Symptomen und Tipps zur Behandlung.
Sie ist auf Segeltörns, Motorbooten und auch auf Kreuzfahrten gefürchtet: die Seekrankheit. Vor allem beim Rollen oder Stampfen von Schiffen und Booten bei starkem Seegang und Wellen kann die Seekrankheit entstehen. Die Auswirkungen können sehr unterschiedlich sein – manche Menschen verspüren nur leichte Symptome, andere werden tagelang schwer seekrank. Auch erkranken manche Menschen selbst bei schwerer See gar nicht an der Seekrankheit, bei anderen wiederum setzt ein Unwohlsein bereits bei sehr leichten Bootsbewegungen ein.
Warum Seekrankheit an Bord nicht unterschätzt werden sollte:
- Dehydration und Unterversorgung können zu Notfällen wie einem Kreislaufkollaps führen
- Eine erkrankte Person an Bord wirkt sich negativ auf die Stimmung und Motivation aus
- Erkrankte fallen als vollwertige Crewmitglieder aus
Seekrankheit ist eine ernstzunehmende Erkrankung und sollte niemals auf die leichte Schulter genommen werden.
Unter Ratgeber zur Seekrankheit beantwortet die wichtigsten Fragen, zu Ursachen, Symptomen, Dauer und Behandlungsmöglichkeiten.
Ursachen für Seekrankheit
Die Seekrankheit ist eine Variante der Reisekrankheit, die viele Menschen auch von Autofahrten oder aus Reisebussen kennen. Der Grund ist bei beiden Varianten identisch: Eine widersprüchliche Wahrnehmung der Sinnesorgane.
Während das Gleichgewichtsorgan im Innenohr starke Bewegungen wahrnimmt, sind die optischen Eindrücke der Augen widersprüchlich – vor allem, wenn sich die Personen im Innenraum aufhalten. Vereinfacht ausgedrückt erhält das Gehirn unterschiedliche Informationen, ist damit „überfordert“, der Körper reagiert gestresst und so wird man seekrank.
Ein von vielen Menschen gut nachvollziehbares Beispiel, wie Unwohlsein durch unterschiedliche Sinneswahrnehmungen entstehen kann, ist das Lesen während einer Autofahrt. Viele Beifahrer kennen das Gefühl, dass zum Beispiel beim Lesen eines Buchs oft sehr schnell Übelkeit entsteht. Auch hier gibt das Gleichgewichtsorgan die Bewegungen und Fliehkräfte des Autos an das Gehirn weiter, während das Auge diese Bewegungen nicht wahrnimmt. Anders gesagt: Das Gleichgewicht sagt dem Gehirn: „Ich bewege mich schnell vorwärts und seitlich“, während das Auge sagt: „Ich sitze und lese ganz ruhig“. Dadurch entstehen im Gehirn Irritationen.
Von Seekrankheit betroffene Personen
Ob man überhaupt seekrank wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören:
- Alter
- Geschlecht
- Gewöhnung
Ältere Menschen und Frauen erkranken häufiger, Kleinkinder in den meisten Fällen nie. Erfahrene Skipper, die über sogenannte „Seebeine“ verfügen, werden auch nur selten seekrank. Bei Menschen, die lange auf See sind, besteht hingegen die umgekehrte Form der Seekrankheit, genannt Landkrankheit. Hier reagiert der Körper gestresst, weil beim Landgang plötzlich keine seetypischen Bewegungen wie Schaukeln und Schwanken mehr vorhanden sind.
Symptome und Dauer von Seekrankheit
Seekrankheit wirkt sich unterschiedlich aus. Meistens jedoch klagen seekranke Menschen über Symptome wie Schwindel und Übelkeit. Je nach Intensität und Dauer kann die Seekrankheit zu Erbrechen führen, dadurch bedingt zu Dehydration und sogar zum Zusammenbruch des Kreislaufs.
Die ersten Anzeichen von Seekrankheit sind eher harmlose Symptomen wie
- Müdigkeit
- häufiges Gähnen
- Antriebslosigkeit
- Appetitlosigkeit
- Kopfschmerzen oder Druckgefühl
- Schweißausbrüche
Da viele Erkrankte erst spät bemerken, dass sie seekrank sind, sollten die Crewmitglieder aufeinander achten und Betroffene bei den ersten Anzeichen auf die Situation hinweisen. Je eher Gegenmaßnahmen ergriffen werden, desto höher ist die Chance, einen schweren Verlauf von Seekrankheit zu vermeiden.
So lange halten die Symptome von Seekrankheit an
Meistens verschwinden die Symptome bereits wieder nach etwa einem Tag, abhängig von der Stärke des Seegangs und dem Verhalten der betroffenen Personen. Der Körper gewöhnt sich in dieser Zeit meistens an die Bootsbewegungen. Es kann aber auch durchaus drei Tage dauern, je nach Schwere der Erkrankung. Bestimmte Maßnahmen helfen, Seekrankheit zu verkürzen.
Seekrankheit vorbeugen: Was tun, um nicht seekrank zu werden?
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, um Seekrankheit vorzubeugen. Am effektivsten ist es, den Grund für die Seekrankheit zu vermeiden. Wenn erste Symptome auftreten, wie häufiges Gähnen, kann ein Blick in Fahrtrichtung auf den Horizont helfen. Die Augen nehmen in solchen Fällen ähnliche Informationen auf, wie die Gleichgewichtsorgane. Dadurch kann einem Informations-Konflikt im Gehirn entgegengewirkt werden. Gleichzeitig hilft die frische Luft an Deck ebenso.
Konzentriertes Arbeiten auf dem Boot, wie zum Beispiel an der Pinne, Winsch oder Steuerrad, hilft ebenfalls gegen Seekrankheit. Auch kann es hilfreich sein, sich eine Position in der Schiffsmitte zu suchen, weil die Bewegungen dort am geringsten sind. Unter Deck hilft es häufig, aus dem Fenster zu schauen und dem Auge ermöglichen, die Schiffsbewegungen auch optisch zu erfassen.
Für Personen, die sich unter Deck befinden müssen und keine Chance haben, auf den Horizont zu blicken, eignet sich ein Trick. Eine halbvoll gefüllte, geschlossene PET-Flasche, wie zum Beispiel eine Wasserflasche, waagerecht halten und beobachten. Das Wasser in der Flasche folgt den Schiffsbewegungen und lässt die Augen entsprechende Informationen weitergeben, die sich mit dem Gleichgewichtsorgan decken.
Richtige Ernährung gegen Seekrankheit
Da bei der Seekrankheit eine erhöhte Histaminproduktion im Körper zu Symptomen wie Erbrechen führen kann, sollte die Ernährung entsprechend angepasst werden. Leichte, fettarme Kost, Beeren und Gemüse mit hohem Vitamin-C-Anteil (zum Beispiel Paprika, Rosenkohl, Brokkoli) verringern den Histamingehalt im Körper.
Vermieden werden sollten histaminhaltige Lebensmittel oder solche, die die Histaminproduktion anregen. Dazu gehört
- rotes Fleisch
- Käse
- Weizen
- Tomaten
- Hülsenfrüchte
- Apfelsinen (trotz Vitamin-C)
- Birnen
- Bananen
Auch Rotwein erhöht den Histaminspiegel erheblich und fördert die Seekrankheit. Generell sollte auf Alkohol und Nikotin verzichtet werden, weil der Abbau von Giftstoffen den Organismus sehr stressen.
Wirksame Mittel und Hausmittel, um Seekrankheit vorzubeugen
Um nicht seekrank zu werden, ist Vitamin C hilfreich, um die Histamine zu bekämpfen. Der Körper interpretiert die Schwindelgefühle und andere Symptome als eine Art „Vergiftung“ und produziert Histamine, die schließlich zum Erbrechen führen. Das ist eine typische Reaktion des Körpers, um die „Vergiftung“ loszuwerden.
Vitamin C senkt den Histaminspiegel und kann so der Übelkeit entgegensteuern. Vitamin C lässt sich durch entsprechende Ernährung einnehmen, oder durch geeignete Präparate. Seit einiger Zeit sind auch hochdosierte Vitamin-C-Kaugummis erhältlich.
Viele schwören auch darauf, auf einer Ingwerknolle zu kauen. Ingwer wirkt nachweislich beruhigend auf dem Magen, wissenschaftlich ist es jedoch nicht erwiesen, dass er auch gegen Seekrankheit hilft.
Auch Antihistaminika können bei Seekrankheit helfen, die Übelkeit loszuwerden. Es gibt verschiedene Mittel, wie Kaugummis, Tabletten oder Pflaster. Antihistaminika haben jedoch einen Nachteil: Sie machen müde. In jedem Fall sollte vor der Seereise ein Arzt konsultiert werden, um Taktiken und Mittel für die Bordapotheke zu besprechen, falls Seekrankheit auftritt. Manche Medikamente gegen stärkere Seekrankheit sind zudem verschreibungspflichtig.
Maßnahmen zur Behandlung von Seekrankheit
Bei ersten Anzeichen von Seekrankheit sollte möglichst rasch reagiert werden. Der Aufenthalt an Deck in frischer Luft mit Blick auf den Horizont hilft in vielen Fällen, erste leichte Symptome wieder in den Griff zu kriegen. Bewährt hat es sich auch, dafür den Job des Rudergängers zu übernehmen.
Sollten dennoch Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit und Schwindelgefühl dazukommen, sollte man sich unverzüglich unter Deck begeben und sich möglichst in eine Koje in der Nähe der Schiffsmitte auf den Rücken legen und die Augen schließen. Durch die geschlossenen Augen wird verhindert, dass unterschiedliche Informationen der Sinnenorgane übermittelt werden.
Sehr hilfreich ist es, zu schlafen. Dabei sollte auf eine gute Belüftung geachtet werden. Bei Erbrechen ist es sehr wichtig, viel Wasser zu trinken und auch Elektrolyte zu sich zu nehmen, um nicht zu dehydrieren.
Klingen die Symptome nicht ab und werden sogar stärker, kann man mit Medikamenten gegen Seekrankheit gegensteuern. Zuvor sollte man sich aber genau (idealerweise in Absprache mit dem Hausarzt) über Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente informieren und beachten, dass Medikamente oft verschreibungspflichtig sind.
Wichtig: Sollte das Verlangen bestehen, an Deck zu gehen, um frische Luft zu schnappen, ist eine Sicherung gegen Überbordgehen, am besten mit einem Lifebelt, unerlässlich!
Ansonsten gilt: Durchhalten. Seekrankheit klingt nach einer Weile in den meisten Fällen wieder ab. Meistens wird maximal von drei Tagen ausgegangen.
Was hilft bei Kindern gegen Seekrankheit?
Kleinkinder unter zwei Jahren werden in aller Regel nicht seekrank. Ältere Kinder und Jugendliche indes können auch von der Seekrankheit betroffen sein. Hier helfen prinzipiell auch die Maßnahmen, die für Erwachsene gelten. Kinder dehydrieren jedoch schnell, deshalb ist eine stetige Flüssigkeitszufuhr sehr wichtig. Elektrolyte können mit Salzgebäck und salzhaltigen Crackern verabreicht werden. Zusätzlich können kalte, nasse Lappen auf Stirn und im Nacken helfen, die Beschwerden zu lindern.
Vorsicht sollte bei der Anwendung von Medikamenten bei Kindern gelten. Manche sind nur für Erwachsene zugelassen. Vor der Reise sollte daher mit dem Kinderarzt gesprochen werden. Für kleine Kinder gibt es entsprechende Medikamente auch in Zäpfchenform.
Was Skipper bei Seekrankheit in der Crew tun können
Der Schiffsführer bzw. Skipper trägt nicht nur die Verantwortung für das Schiff, sondern auch für die Crew. Deshalb sollten Skipper auch im Bezug auf Seekrankheit Maßnahmen ergreifen, wenn ein oder gar mehrere Crewmitglieder seekrank werden.
Zunächst gilt es, die Crew stets zu beobachten und bei auftretenden Anzeichen von Seekrankheit, wie Gähnen, Antriebslosigkeit oder Schwitzen die betroffenen Crewmitglieder darauf hinweisen und ihnen Gegenmaßnahmen zu empfehlen.
Sollten Crewmitglieder schwer erkrankt sein, muss die Arbeitseinteilung entsprechend neu organisiert werden, da seekranke Personen als Crew ausfallen und nicht eingeteilt werden sollten. Auch gilt es, ein Crewmitglied abzustellen, um die Versorgung der Betroffenen zum Beispiel mit Wasser oder Mitteln zu übernehmen und die erkrankten Personen im Auge zu behalten.
Notfalls sollte ein ruhiger Kurs gewählt werden, um die Schiffsbewegungen zu minimieren. Seekranke Crewmitglieder sorgen an Bord oft für gedrückte Stimmung und Stress. daher lieber ein anderes Ziel auswählen oder einen Umweg in Kauf nehmen und das Schiff zu beruhigen.