Medicane: Alles Wissenswerte zum Hurrikan im Mittelmeer

Ein Medicane ist ein Sturmtief, das einem Hurrikan ähnelt und immer häufiger im Mittelmeer auftritt. Unser Ratgeber mit allen Informationen zu Entstehen, Ablauf und Auswirkungen eines Medicanes.

In letzter Zeit ist der Begriff Medicane immer häufiger ein Thema. Vor allem Skipper, die im Herbst im Mittelmeerraum unterwegs sind, werden zunehmend mit dem Tropensturm und seinen Auswirkungen konfrontiert.

Doch was ist ein Medicane eigentlich? Wie kommt es zu einem Medicane, welche Auswirkungen haben sie und wie kann man sich vor einem Medicane schützen? All das erklärt unser Ratgeber.

Was ist ein Medicane?

Als Medicane wird ein Sturmtief im Mittelmeer bezeichnet, das einem Tropensturm ähnelt. Sein Name ist ein Schachtelwort, das sich aus den beiden Wörtern „mediterranean“ und „Hurricane“ zusammensetzt. Und tatsächlich könnte man einen Medicane als so etwas wie einen Hurrikan im Mittelmeer bezeichnen.

Medicane und Hurrikan: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Medicanes ähneln Hurrikans in ihren Eigenschaften sehr. So wird auch der Medicane von Wolkenbändern, die gegen den Uhrzeigersinn um ein wolkenfreies Auge im Zentrum des Tiefs wirbeln, gekennzeichnet. Besonders gut lässt sich dieser Umstand anhand von Satellitenbildern erkennen. Darüber hinaus werden Medicanes von starken Niederschlägen von mehr als 500 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden und hohen Windgeschwindigkeiten begleitet und können starke Verwüstungen in ihrem Einzugsgebiet verursachen.

Im Gegensatz zu Hurrikans, wie sie im Atlantik vorkommen, bauen Medicanes aufgrund des geringen Einzugsgebiets im Mittelmeer kein sich selbst stabilisierendes Wettersystem auf und zerfallen meist schon nach wenigen Stunden oder maximal ein bis zwei Tagen.

Weitere Unterschiede sind der geringere Durchmesser von Medicanes, welcher „nur“ rund 70 bis 200 Kilometer beträgt (Hurrikans können einen Durchmesser von 100 bis 1.500 Kilometer erreichen) und die geringeren Windgeschwindigkeiten. So erreichen Medicanes selten die Geschwindigkeit eines Hurrikans mit mehr als 118 km/h oder Windstärke 12 auf der Beaufortskala, sondern in den meisten Fällen eher die eines tropischen Sturms zwischen 63 und 112 km/h.

Medicanes treten in der Regel einmal jährlich im Herbst – vor allem zwischen September und Dezember – im Mittelmeerraum auf. Es wurden aber auch bereits Medicanes im Januar dokumentiert.

Wie ein Medicane entsteht

Die Grundvoraussetzung für das Entstehen eines Medicanes sind hohe Wassertemperaturen im Mittelmeer. Schon Temperaturen von 24° C oder mehr können die Entstehung von Medicanes begünstigen. Ebenso benötigt es aber auch kalte Luft aus den gemäßigten Breiten, die in den Mittelmeerraum eindringt und auf die warme und feuchte Luft, die über dem Mittelmeer verdunstet, trifft.

Kräftige Gewitter mit starken Regenfällen sind die Folge. Je höher der Temperaturgegensatz zwischen Meeresoberfläche und Troposphäre, desto eher kann sich aus dem Tiefdruckgebiet ein Medicane bilden. Dieser wird von der Energie des warmen Meeres gespeist und hält sich meist mehrere Stunden oder bis zu zwei Tage. Trifft der Medicane schließlich auf Land, schwächt sich seine Wirkung meist ab.

Medicane: Hurrikan über dem Mittelmeer
Satellitenaufnahme des Medicane Ianos über dem Mittelmeer. Foto: Wikimedia Commons (gemeinfrei)

Das sind die Auswirkungen eines Medicanes

Welche enormen Auswirkungen ein Medicane haben kann, hat zuletzt im September 2023 der Medicane Daniel gezeigt. Noch als Sturmtief verursachte der Medicane bereits Anfang des Monats schwere Unwetter mit Starkregen und Überflutungen in Griechenland, aber auch in Bulgarien und in der Türkei. Allein in der Stadt Zagora in der Region Thessalien fielen innerhalb von 18 Stunden 754 Millimeter Regen. Große Teile der Region wurden überflutet.

Kurz darauf zog das Tief weiter nach Süden und entwickelte sich vor der Küste Nordafrikas – gespeist durch die Energie des zu dieser Zeit bis zu 30° C warmen Mittelmeers – zu einem vollwertigen Medicane. Besonders stark betroffen in Nordafrika war Libyen und dort insbesondere die Hafenstadt Darna. Schwere Überflutungen zerstörten einen großen Teil der Stadt. Schätzungen gehen von bis zu 20.000 Toten aus. Damit gilt der Medicane Daniel als der bislang verheerendste dokumentierte Medicane.

Neben dem Medicane Daniel gab es auch bereits in der Vergangenheit verheerende Medicanes. So führten etwa auch der Medicane Ianos 2020 (auch bekannt als „Udine“), der Medicane Zorbas 2018 und der Medicane Numa 2017 zu Starkregen, Überflutungen und großen Schäden – insbesondere in Griechenland.

Die zukünftige Entwicklung von Medicanes

Wie sich das Auftreten von Medicanes in Zukunft entwickeln wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vollständig geklärt. Auch, welchen Beitrag der Klimawandel zur Häufigkeit von Medicanes leistet, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen.

Aus einem 2017 veröffentlichten Bericht der American Meteorological Society geht hervor, dass es derzeit noch vollkommen unklar sei, wie sich Anzahl und Häufigkeit von Medicanes in Zukunft entwickeln werde. Die Autoren einer 2019 im Fachblatt „Geophysical Research Letters“ erschienenen Studie gehen davon aus, dass sich die Zahl von Medicanes in den kommenden Jahren sogar verringern werde.

Beide Studien kommen aber überein, dass der Klimawandel einen Einfluss auf die Charakteristika von Medicanes habe. Medicanes der Zukunft würden demnach mit noch stärkerer Intensität und extremen Ausprägungen – also stärkeren Regenfällen, höheren Windgeschwindigkeiten und einer längeren Lebensdauer – auftreten.