Gravierende Änderung bei Sportbootführerscheinen in Diskussion
Derzeit gibt es Überlegungen, die amtlichen Sportbootführerscheine Binnen und See durch amtlich anerkannte Verbandsscheine zu ersetzen. Im ADAC Skipper Club, dem Online-Panel des ADAC, wurden die Verbraucher zum Thema befragt und lieferten klare Erkenntnisse.
Im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) wird aktuell eine gravierende Änderung im Sportbootführerscheinwesen diskutiert. So gibt es Überlegungen, unter anderem die amtlichen Sportbootführerscheine (SBF Binnen und SBF See) durch amtlich anerkannte Verbandsscheine zu ersetzen.
In die Überlegungen ist neben anderen Verbänden wie dem Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW), Deutschen Motoryachtverband (DMYV), Deutschen Segler-Verband (DSV), Verband Deutscher Sportbootschulen (VDS) und dem Verband Deutscher Wassersportschulen (VDWS), auch der ADAC eingebunden. Zudem wurden über das Online-Panel der ADAC Sportschifffahrt, den ADAC Skipper Club kürzlich auch Verbraucher zum Thema befragt. Sie lieferten klare Erkenntnisse, welche in die Positionierung des ADAC in der aktuellen Diskussion eingeflossen sind.
Die diskutierten Änderungen im Detail
Die Überlegungen des BMDV sehen vor, die amtlichen und auf Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen gesetzlich vorgeschriebenen Sportbootführerscheine Binnen und See durch (amtlich) anerkannte, jedoch direkt von verschiedenen Verbänden ausgestellte Scheine zu ersetzen. Damit würde das Führerscheinwesen für alle Verbände geöffnet werden. Bislang waren ausschließlich der DSV sowie der DMYV vom BMDV für die Abnahme der Prüfungen und für die Erteilung der Sportbootführerscheine beliehen.
Verbandsscheine, wie sie nun auch wieder angedacht sind, waren bereits vor der Einführung der amtlichen Sportbootführerscheine vor inzwischen mehr als 30 Jahren üblich. Beispiele hierfür waren der A-Schein und der BR-Schein des DSV.
Auch heute noch gibt es Verbandsscheine. Dazu gehören u.a.:
- Grundscheine der Ausbildungsverbände VDS und VDWS
- Verbandsinterner DSV-Jugendsegelschein
- Sportbootzertifikat Motor von DMYV und VDS sowie des VDWS
Bei den Verbandsscheinen handelt es sich um nicht-amtliche Befähigungsnachweise, mit denen Inhaber nachweisen können, dass sie einen vom jeweiligen Verband festgelegten und geprüften Ausbildungstand besitzen.
Im Gegensatz zu früher sollen die neuen Verbandsscheine in Zukunft auch amtlich anerkannt und in ihrer Qualität gesichert sein. Um die Qualität sicherzustellen, würde das BMDV – so wie bisher auch bei den amtlichen Führerscheinen – zwingende Ausbildungs- und Prüfungsinhalte festlegen, welche die für die Vergabe von anerkannten Führerscheinen Mindestvoraussetzung sind. Daneben werden auch die Verbände, welche eine amtlich anerkannte Fahrerlaubnis ausstellen dürfen, weiterhin vom BMDV benannt. Dieses legt einheitliche Kriterien vor, welche ein Verband erfüllen muss, damit ein Verbandsschein als Fahrerlaubnis anerkannt wird und überprüft die Einhaltung der Kriterien regelmäßig.
Von einer etwaigen Umstellung auf anerkannte Verbandsscheine erhofft sich das BMDV mehrere Vorteile. Dazu gehört mehr Kundenorientierung durch den Wettbewerb der Verbände oder die Möglichkeit für Wassersporttreibende, den prüfenden Verband frei auszuwählen. Verbände selbst wären freier bei der Ausgestaltung des Ausbildungsprogramms sowie des Prüfungsverfahrens. Zudem würde laut Vorschlag des BMDV die aktuell mit der Beleihung verbundene Bürokratie entfallen. Auch manche Gebühren könnten wegfallen, die bei amtlichen Scheinen derzeit vom Bundesgebührengesetz vorgeschrieben werden. Verbände hätten die Möglichkeit, die Kosten für die Prüfung selbst festzulegen. Auch die Ausstellung eines ICC (International Certificate for Operators of Pleasure Craft) soll für die künftigen Verbandsscheine möglich sein.
Betroffen wären bisher ausschließlich die SBF Binnen und See, nicht jedoch die weiterführenden Befähigungsnachweise, wie SKS, SSS oder die Funkzeugnisse.
Neben der Umstellung in Verbandsscheine wird zudem auch die gänzliche Abschaffung des SBF Binnen unter Segel diskutiert.
Wegfall der amtlichen Bootsführerscheine: Das sagen die Verbraucher
In seiner Rolle als Verbraucherschutzverband war es dem ADAC wichtig, wie Freizeitskipper in Deutschland zu den vorgeschlagenen Änderungen stehen. Aufgrund dessen wurde auch der ADAC Skipper Club kürzlich zu dem Thema befragt.
Die Ergebnisse der Befragung, die keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben, war eindeutig. So stimmte ein Großteil der Befragten gegen die Umstellung der SBF zu anerkannten Verbandsführerscheinen. Auf die Frage, ob sich das derzeitige Führerscheinsystem durch Verbände bedarfsgerechter und moderner weiterentwickeln ließe, reagierten die Befragten zwiegespalten. Alles in allem sprach sich die Mehrheit der Befragten (56 Prozent) für die Beibehaltung der amtlichen SBF aus. Auch die Abschaffung des SBF Binnen unter Segel wurde mehrheitlich abgelehnt.
Ungeachtet der Führerscheinart (amtlicher Schein oder anerkannter Verbandsschein) war darüber hinaus insbesondere die internationale Anerkennung der Sportbootführerscheine ein wichtiges Thema der Befragung. 80 Prozent der Befragten stimmten „voll und ganz zu“, dass Sportbootführerscheine gleich, ob amtlich oder als Verbandsscheine anerkannt als ICC international anerkannt werden sollen.
Wie sich der ADAC zum aktuellen Thema positioniert
Die kürzlich gestellte Befragung im ADAC Skipper Club fand Eingang in eine offizielle Stellungnahme, die wir als ADAC dem BMDV übermittelt haben. An dieser Stelle möchten wir uns herzlich für das Engagement der Skipper Club Mitglieder in dieser Sache bedanken und die Grundzüge der Stellungnahme mit euch teilen.
In der Stellungnahme begrüßen wir, dass die Ausgestaltung des Befähigungswesen nun genauer beleuchtet wird. Wir kommen jedoch auch zu dem Schluss, dass der vorgeschlagene Ersatz durch amtlich anerkannte Verbandsscheine zwar eine mögliche Alternative darstellt, jedoch auch einige Nachteile aufweist, die nur schwer oder nicht zu kompensieren sind. Dazu gehören:
- Ein mindestens ebenso hoher Aufwand, um die Qualitätsorientierung der Verbandsscheine sicherzustellen.
- Eine geringere Wertigkeit der Verbandsscheine ggü. den amtlichen SBF und die Befürchtung, dass das auch zu einer geringeren Anerkennung im Ausland führen könnte.
- Die Verschlechterung für den Verbraucher im Hinblick auf den Erwerb eines ICC, da dieses im aktuell vorgeschlagenen Modell des BMDV erst zusätzlich beantragt werden muss
Von uns wird deshalb vielmehr die Optimierung des bestehenden Beleihungssystems durch verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen. Dazu gehört u.a.:
- Erweiterung des Kreises der beliehenen Verbände auf weitere geeignete Verbände
- Vereinfachung und Digitalisierung der Prozesse im Antrags-, Prüfungs- und Ausstellungsverfahren
- Einführung eines verbindlichen Qualitätssiegels für Ausbildungsstätten
- Ersatz der Scheckkarte durch ein digitales Format
- Effizienzsteigerung bei der Durchführung von Prüfungen
- Wegfall des Tauglichkeitsnachweises bei Bürgerinnen und Bürgern mit gültigem KFZ-Führerschein
- Prüfung der bestehenden Gebührenordnung mit dem Ziel, die Kosten für den Verbraucher zu senken
Im Falle, dass sich das BMDV trotz Bedenken für die Umstellung auf amtlich anerkannte Verbandsscheine entscheiden sollte, sind uns als ADAC insbesondere die folgenden beiden Punkte wichtig:
- Beibehaltung von Unabhängigkeit von Ausbildung und Prüfung
- Ausgestaltung der Qualitätsorientierung mit konkreten Kriterien, die Verbände erfüllen müssen
Sportschifffahrtsverordnung: Einführung 2025 im Gespräch
Die Überlegungen rund um die Änderungen im Führerscheinwesen gehen mit der Einführung einer einheitlichen Sportschifffahrtsverordnung einher, welche bereits seit mehreren Jahren in Arbeit ist und in 2025 Rechtsgültigkeit erlangen soll (vorbehaltlich der Neuwahlen des Bundestags und der Intentionen einer neuen Bundesregierung). Geplant ist die Zusammenführung von aktuell sechs verschiedenen Verordnungen zum Thema Sportschifffahrt zu einer einzigen Verordnung, welche das Sportschifffahrtsrecht effizienter und ganzheitlich abbilden soll. Der ADAC und andere Verbände fordern eine Zusammenführung und Harmonisierung bereits seit Jahren. Neben den Änderungen im Führerscheinwesen sollen mit der Verordnung auch Vermietungsvorschriften, Ausrüstungsregeln und weitere Themen behandelt werden.
Das BMDV wird nun die vom ADAC und den anderen Verbänden übermittelten Stellungnahmen prüfen und voraussichtlich im Februar mit einem neuen Verordnungsentwurf auf die Verbände zukommen. Über die weiteren Entwicklungen wird der ADAC zeitnah informieren.
Über den ADAC Skipper Club
Der ADAC Skipper Club ist eine Gruppe von Bootsfahrern, die durch regelmäßige Befragungen die Möglichkeit hat, ihre Meinungen und Wünsche mit uns zu teilen.
Als Teilnehmer kannst du Angebote, Leistungen, Produkte (z.B. Apps) und Services des ADAC aktiv mitgestalten und dazu beitragen, dass wir immer besser werden – für dich!
Wie die aktuelle Befragung gezeigt hat, trägt euer Feedback im ADAC Skipper Club auch dazu bei, dass wir eure Interessen wirkungsvoll in der Politik vertreten können. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich für euer Engagement in dieser Sache bedanken!
Nach deiner Registrierung laden wir dich regelmäßig zu Befragungen ein. So können wir unsere Leistungen und Angebote mit dir zusammen weiterentwickeln.
Die Teilnahme am ADAC Skipper Club und den Befragungen ist selbstverständlich freiwillig und kostenlos und setzt keine Mitgliedschaft im ADAC voraus. Sie kann auch jederzeit ganz einfach wieder beendet werden.
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