Verbandsscheine statt SBF: Das sagt der ADAC zur geplanten Änderung

Nach den Überlegungen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr sollen die bisherigen Sportbootführerscheine künftig durch amtlich anerkannte Verbandsscheine ersetzt werden. In einem Interview mit dem Magazin boote bezog der ADAC kürzlich Stellung zu dem Thema.
Schon im Dezember schlug das Thema große Wellen, als der ADAC von einer gravierenden Änderung im Sportbootführerscheinwesen berichtete. Aus einer Überlegung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ging hervor, die bisherigen Sportbootführerscheine Binnen und See durch amtlich anerkannte Verbandsscheine zu ersetzen.
In einem Interview mit der Zeitschrift boote äußerte sich Dr. Steffen Häbich, Bereichsleiter Special Interest beim ADAC kürzlich zu dem Thema.
Verbraucher für Beibehaltung des alten Systems
Der ADAC selbst habe sich in einer Stellungnahme an das BMDV klar für die Beibehaltung der bisherigen Sportbootführerscheine ausgesprochen, führt Häbich im Interview an. Basis für die Stellungnahme waren unter anderem die Ergebnisse einer Befragung, die im Dezember unter den Teilnehmern des ADAC Skipper Clubs, dem Online-Panel der ADAC Sportschifffahrt, durchgeführt wurde. Auch hier hätten die befragten Verbraucher die Einführung von Verbandsscheinen mehrheitlich abgelehnt. Als präferierte Lösung käme für den ADAC vielmehr eine Optimierung des bisherigen Systems – vor allem im Hinblick auf Wettbewerb und Verbraucherfreundlichkeit in Frage.
Dennoch nehme man zur Kenntnis, dass sich das BMDV mit der Einführung von Verbandsscheinen aus durchaus nachvollziehbaren Gründen einen neuen Weg beabsichtige. Sollte es trotz Bedenken des ADAC zu einer Umstellung von den bisherigen Sportbootführerscheinen hin zu amtlich anerkannten Verbandsscheinen kommen, wolle man sich dem nicht verschließen. „An der Ausgestaltung dieser Lösung möchten wir als Verbraucherverband unbedingt aktiv und konstruktiv mitarbeiten“, so Häbich zur Zeitschrift boote. Vor allem die hohe Qualitätsorientierung sowie die Unabhängigkeit von Ausbildung und Prüfung seien zwei Ziele, welche man auch mit der Umstellung zu Verbandsscheinen erreichen könne.
Mögliche Vorteile von Verbandsscheinen
Vorteile von Verbandsscheinen sieht Häbich unter anderem im stärkeren Wettbewerb zwischen den ausstellenden Verbänden. So hätten neben den bisher mit der Prüfungsabnahme und der Erteilung der Sportbootführerscheine beliehenen Verbänden DMYV (Deutscher Motoryachtverband e.V.) und DSV (Deutscher Segler-Verband e.V.) künftig auch andere Verbände die Möglichkeit, Verbandsscheine auszustellen.
Die mögliche Etablierung eines übergeordneten „Kontrollgremiums“ mit unabhängigen Experten „könnte dazu beitragen, dass die Prüfungs- und damit auch die Ausbildungsinhalte schneller an die Entwicklung in der Sportschifffahrt angepasst werden, als dies gegenwärtig durch zu viele Hürden der Fall ist“, so Häbich. Er verspreche sich dadurch praxisnähere Prüfungsanforderungen und eine attraktivere Einstiegsqualifikation für Neueinsteiger in der Sportschifffahrt.
Eine große Chance sehe man auch in der Einführung eines verbindlichen Qualitätssiegels für die Ausbildung und Ausbildungsstätten, mit dem der Umfang der Ausbildung und eine noch stärkere Praxisorientierung geregelt und verbindlich festgelegt werden könnten.
Dies wäre aus unserer Sicht eine echte Verbesserung für den Verbraucher und könnte mittelfristig dazu beitragen, dass mehr Sportbootführerscheininhaber tatsächlich aufs Wasser gehen.
Zurückhaltung bei Kostenersparnissen
Nach Ansicht des BMDV könne der gesteigerte Wettbewerb auch eine Senkung der Prüfungsgebühren bewirken. In diesem Punkt ist Häbich zurückhaltend. „Wenn die Qualitätsorientierung ernst genommen wird, wovon ich ausgehe, sind dem sicherlich nach unten Grenzen gesetzt“, sagt Häbich. Auch bei den Ausbildungskosten erwarte der ADAC Bereichsleiter derzeit keine große Veränderung, da sich an den Prüfungs- und Ausbildungsinhalten zunächst nichts unmittelbar ändern soll.
Die höhere Ausbildungsqualität könne jedoch dazu führen, dass besonders günstige, jedoch wenig umfangreiche Kursangebote vom Markt verschwinden. „Das wäre durchaus in unserem Sinne, da den Führerscheinanwärtern in der Ausbildung eine gute Grundlage für die spätere selbständige und verantwortungsvolle Ausübung des Bootssports vermittelt werden soll“, sagt Häbich.
Herausforderungen durch Wettbewerb
Der stärkere Wettbewerb könne die Branche laut Häbich auch vor Herausforderungen stellen. Die bisher beliehenen Verbände DMYV und DSV hätten demnach durch bisherige Prüfungsstrukturen und -erfahrungen gerade zu Beginn einen Wettbewerbsvorteil gegenüber „neuen“ Verbänden. „Bei der Rekrutierung geeigneter Prüfer sehen wir den größten Wettbewerb. Dieser darf jedoch nicht zu einem Qualitätsverlust der Prüfungen führen“, sagt Häbich.
Der ADAC habe deshalb angeregt, über einen gemeinsamen Pool qualifizierter Prüfer aller Verbände nachzudenken. Der ADAC Bereichsleiter wünscht sich, dass der zuletzt äußerst konstruktive Austausch der Verbände untereinander sowie zwischen Verbänden und dem BMDV trotz einer eventuell entstehenden Konkurrenzsituation fortgesetzt werde.
Neue Verbandsscheine ab 2028?
Kommt es zur Umsetzung der geplanten Änderung, würden die bislang ausgestellten amtlichen Sportbootführerscheine durch die neuen Verbandsscheine ersetzt werden. „Ich gehe aber davon aus, dass es einen Bestandsschutz für die bis dahin ausgestellten SBF geben wird, dafür setzen wir uns auf jeden Fall ein“, sagt Häbich. Sichergestellt werden müsse zudem, dass die internationale Anerkennung der Verbandsscheine wie bisher bei den Sportbootführerscheinen gewährleistet ist.
Der Verbraucher darf hier gegenüber der bisherigen Situation, mit dem SBF zugleich ein internationales Befähigungszertifikat (International Certificate of Pleasure Craft / ICC) zu erhalten, nicht schlechter gestellt werden.
Gehe es nach dem Zeitplan des BMDV, sei derzeit mit einer Umstellung auf Verbandsscheine ab 2028 zu rechnen. Geregelt werden soll die Änderung dann in der neuen Sportschifffahrtsverordnung, deren Rechtsetzungsverfahren bereits Ende 2025 abgeschlossen sein soll. „Wir halten den relativ engen Zeitplan zwar einerseits für erstrebenswert, andererseits angesichts der verfügbaren Ressourcen und des weiteren intensiven Abstimmungsbedarfes zwischen BMDV und den Verbänden für sehr ehrgeizig“, so Häbich.