Elektro-Außenborder oder Verbrenner?
Die Zeiten ändern sich
Vor Jahren noch häufig belächelt, erobern immer mehr Elektro-Außenborder die Binnen- und Küstenreviere. Die Technik – vor allem rund um die Akkus – hat sich in den letzten Jahren immer weiterentwickelt. Doch wie überall gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile und viele Bootseigner stehen bei der Neuanschaffung eines Außenborders für das Dingi, Angelboot, Sportboot oder den Segel-Kleinkreuzer vor der Frage, ob sich ein Elektromotor eignet oder doch besser ein Verbrenner. Wir haben in unserem Ratgeber zusammengestellt, worauf es bei der Entscheidung, ob Verbrenner oder Elektro ankommt:
Welcher Bootstyp?

Bei der Wahl des Außenborders spielt der Bootstyp natürlich eine wichtige Rolle – auch, welche Art von Elektromotor überhaupt in Frage kommt. Bei elektrischen Außenbordern kann prinzipiell in zwei Kategorien unterteilt werden: All-in-One-Systeme, bei denen Antriebseinheit, Akku und Steuereinheit kompakt zusammen im Außenborder untergebracht werden, oder größere Motoren, bei denen sich die Akkus oder gar ganze Batteriebänke und die Steuerung extern an Bord befinden. Für kleine Boote mit wenig Platz für die Installation der Lade- und Steuerungstechnik sowie der Batterien, kommen daher meisten nur kleinere Außenborder in Frage. Größere Yachten mit Platz können durch zusätzliche Batterien an Bord ihre Reichweite enorm vergrößern und komfortabel aus dem Cockpit gesteuert werden.
Für leichte Boote sind Elektromotoren oft ideal, weil sie wesentlich weniger Gewicht auf die Waage bringen. Vor allem leichte Yachten werden durch schwere Motoren, dazu noch weit achtern, in ihrem Fahrverhalten durch zu hohes Gewicht beeinträchtigt, vor allem leichte Segel-Kleinkreuzer hängen dann achtern oft „im Gatt“. Da sind die (Gewichts-) Vorteile eines Elektro-Außenborders beachtlich. Übrigens auch, wenn der Motor nach dem Verlassen des Hafens beim segeln hochgeklappt werden soll – mit leichten Motoren geht es einfacher. Vor allem Segelboote und -yachten, die oft bei Seegang unterwegs sind, genießen mit einem Elektromotor den Vorteil, die Dienste des Außenborders stets und sofort, ohne ihn anlassen zu müssen, zur Verfügung zu haben. Gerade bei Seegang und Krängung ist das Starten des Verbrenners – häufig per Seilzug – oftmals sehr beschwerlich.
Dingis, also Beiboote, die in der Regel nur kurze Strecken zurücklegen, sind mit E-Motoren auch meistens besser bedient, als mit lauten, schweren Verbrennern. Das Gleiche gilt auch für Motorboote, die nicht für hohe Geschwindigkeiten und lange Strecken konzipiert wurden.
Welches Fahrtgebiet?

Ein wichtiger Punkt, um eine Entscheidung zu treffen, ist das Revier, auf dem der Motor gefahren werden soll. Mittlerweile ist da fahren von Verbrenner-Motoren auf immer mehr Gewässern untersagt oder nur im Notfall gestattet. Diese Verbote wird künftig immer mehr Reviere betreffen. In ganz Amsterdam beispielweise dürfen ab 2025 keine Verbrenner mehr gefahren werden. Klima- und Naturschutz, auch Lärmschutz führen dazu, dass immer mehr Einschränkungen im Hinblick auf Benzin- und auch Dieselmotoren zu erwarten sind. Daher ist die Entscheidung für einen Elektromotor in jedem Falle eine, die auch langfristigen Bestand haben dürfte.
Die Reichweite moderner Elektromotoren ist zwar mittlerweile sehr gut, hängt aber von der Leistung ab, die abgerufen wird. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt die Reichweite rapide ab. Hersteller Torqeedo gibt zum Beispiel für seinen Außenbord-Elektro-Motor bei langsameFahrt von 3,7 km/h eine durchschnittliche Reichweite von 74 Kilometern, bzw. 20 Stunden Nutzungsdauer an. Bei Halbgas (5,5 km/h) 18 Kilometer und 6 Stunden. Ruft man die volle Leistung ab (10 km/h) reduziert sich die Reichweite auf nur noch 8,3 Kilometer, bzw. 50 Minuten Nutzungsdauer.
Für normale Ausfahrten auf ruhigen Gewässern wie Binnenseen oder Flüssen mit wenig Strömung sowie für Küstengewässer reicht die Reichweite in der Regel für normale Strecken aus. Wird das Boot hingegen auf strömungsintensiven Flüssen oder Tidengewässern gefahren, kommt die Akku-Ladung schnell an ihre Grenzen. Elbaufwärts bei Hamburg zum Beispiel fließt die Elbe mit bis zu 5 Knoten Strömung. Bei Gegenanfahrt stehen also nur wenige Kilometer Reichweite zur Verfügung. In solchen Revieren, die zugegeben extrem sind, ist ein Verbrenner oft die bessere Wahl, da jederzeit der Reservekanister Nachschub für die Reichweite geben kann.
Wind hingegen ist ein eher unerheblicher Faktor. Moderne Elektromotoren verfügen über ein enormes Drehmoment, was bewirkt, dass bei Fahrten gegen stärkeren Wind der Motor weiterhin kräftig schiebt.
Was häufig auch ein Ausschlusskriterium für Elektroantriebe ist, ist der Liegeplatz. Ist dort überhaupt eine Stromversorgung vorhanden? Liegt man gar an einer Boje? Lademöglichkeiten sollten natürlich vorhanden sein, sofern die Yacht nicht über eine eigene Stromerzeugung wie große Solarpaneele oder einen Generator verfügt.
Nutzung und Fahrverhalten
Ein wesentliches Kriterium, welche Art Außenborder in Frage kommt, ist das durchschnittliche Nutzungsverhalten. Wir der Motor meistens benötigt, um mit dem Dingi vom Ankerplatz an Land zu fahren, dann ist ein Elektromotor sicher die bessere Wahl. E-Motoren sind in der Regel um ein Vielfaches leichter, so dass das Anbringen am Spiegel des Dingis von der Yacht aus wesentlich einfacher vorzunehmen ist. Auch lassen sich die gängigen Modelle schnell in in mehrere, gut verstaubare Teile zerlegen, so dass der Motor nach Gebrauch schnell in der Backskiste verschwinden kann.
Auch für die meisten Segelboote, die auf ruhigen Binnengewässern beheimatet sind, ist ein Elektromotor oftmals die bessere Wahl. Dort werden die Motoren am heck oft nur benötigt, um im Hafen sicher zu manövrieren. Das leichte Gewicht ist ein weiterer Vorteil, weil gerade die Segeleigenschaften sportlicher Kleinkreuzer durch einen schweren Viertakt-Außenborder am Heck leiden. Hier ist der E-Motor klar im Vorteil. Auch, weil er nach dem Törn ganz einfach im Auto nach Hause transportiert werden kann und so vor Diebstahl geschützt ist.
Anders sieht es aus, wenn der Motor häufig als Flautenschieber benötigt wird, um auch bei Windstille längere Strecken zurück legen zu können. Man sollte sich immer bewusste sein, dass es nur schwer oder sehr langsam möglich ist, zum Beispiel im Urlaubstörn trotz Flaute seinen Törnplan einhalten zu wollen und eine Tagesetappe von 20 oder mehr Seemeilen mit dem Außenborder zurückzulegen. Oftmals reicht ein Blick in die Logbücher der Vergangenheit, um herauszufinden, wie viel in der Praxis durchschnittlich unter Motor gefahren wird. Sind die Motor-Betriebsstunden überdurchschnittlich hoch, kommt sicher eher ein Verbrenner in Frage, oder kostenintensive Ersatzakkus.
Egal ob Segel-Kleinkreuzer, Motorboot oder Angelkahn: entscheidend bei der Wahl ist nicht nur, wie schnell man fahren möchte, sondern auch, wie weit. Geschwindigkeit und Strecke sind die wichtigsten Faktoren bei einer solchen Entscheidung.

Fazit

Elektro-Außenborder lösen immer häufiger die schweren und lauten Verbrennermotoren ab. In immer mehr Revieren sogar wegen gesetzlicher Regelungen. Aber auch sonst liegen die Vorteile auf der Hand: E-Motoren sind leise (teilweise lautlos), leicht, einfach in der Bedienung und wartungsarm bzw. wartungsfrei. Der höhere Anschaffungspreis hebt sich auf Sicht durch die Einsparungen bei den Folgekosten von Verbrennern (Inspektionen, Wartung, Benzin und Schmierstoffe) meistens schneller auf, als man denkt.
Für Eigner kleinerer Boote, die nicht durchgehend mit hohen Geschwindigkeiten und auf langen Strecken unterwegs sind, ist ein elektrischer Außenbordmotor oft die bessere und nachhaltigere Lösung.