Boot fahren ohne Führerschein: Diese Regeln gelten in Deutschland
Auch ohne Führerschein kann man in Deutschland Boote fahren oder mieten. Die unterschiedlichen Regeln führen jedoch oftmals zu Verwirrung. Alles Wichtige zu 15-PS-Regel, Charterschein und Co.
In Deutschland bieten sich für Anfänger und Neulinge verschiedene Möglichkeiten, auch ohne einen Sportbootführerschein wie SBF See oder SBF Binnen ein Boot zu führen und zu chartern. Sogar größere Charteryachten, Hausboote und Hausflöße für mehrere Personen können unter bestimmten Voraussetzungen führerscheinfrei auf deutschen Gewässern bewegt werden.
Grund hierfür ist zum einen die 15-PS-Grenze, die auf den meisten deutschen Gewässern gestattet, Boote bis zu einer Motorisierung von 15 PS (oder 7,5 KW bei Elektromotoren) fahren zu dürfen. Hier sind nur einige Binnengewässer von der Regel ausgenommen. Hinzu kommt die Charterbescheinigung, auch Charterschein genannt, den Vercharterer unter bestimmten Voraussetzungen und nur auf bestimmten Gewässern ausstellen dürfen.
Oftmals führen die verschiedenen, eigentlich recht einfachen Regeln, zu Verwirrung oder Irritationen. Viele Menschen, die einen Bootsurlaub auch ohne Sportbootführerschein verbringen möchten, verwechseln die Beschränkungen oder auch zugelassenen Boote. Unser Ratgeber „Boot fahren ohne Führerschein“ beantwortet alle Fragen.
Inhaltsverzeichnis
Charterbescheinigung: Voraussetzungen, Bestimmungen und Charterscheinreviere
Vor allem die Förderung des Wassertourismus in den neuen Bundesländern war im Jahr 2000 der Grund für die Einführung der Charterbescheinigung, kurz Charterschein genannt, für bestimmte Binnengewässer in Deutschland. Mittlerweile sind in Deutschland mehr als 700 Kilometer auf Wasserstraßen mit dem Charterschein befahrbar.
Im Gegensatz zum Sportbootführerschein, der zum dauerhaften Führen von Booten auch über 15 PS (bzw. 7,5 KW bei elektrischen Antrieben) berechtigt, ist der Charterschein zeitlich und räumlich begrenzt und enthält einige Sonderregelungen. Die Charterbescheinigung ist amtlich anerkannt und an bestimmte Voraussetzungen gebunden, wie einer ausführlichen Einweisung durch den Vercharterer. Sie ist ist keine Fahrerlaubnis zum generellen Führen von Sportbooten, sondern bewirkt als amtlich anerkannte Bescheinigung über die Befähigung lediglich, dass das Führen eines gemieteten Sportbootes auch ohne vorgeschriebenen Sportbootführerschein zugelassen ist, wenn und solange die Beschränkungen, unter denen sie ausgestellt ist, eingehalten werden.
Voraussetzungen für die Charterbescheinigung
Für eine Charterbescheinigung sind folgende Voraussetzung zu erfüllen:
- Ausführliche theoretische und praktische Einweisung von mindestens drei Stunden
- Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 12 km/h
- Die maximale Bootslänge beträgt 15 Meter
- Nicht mehr als 12 Personen an Bord
Die einzelnen Punkte der Einweisung sind in der Charterbescheinigung, die an Bord mitgeführt werden muss, detailliert enthalten. Auf der Seite der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist eine Charterbescheinigung und Einweisung zum Download hinterlegt.
Bestimmungen beim Charterschein
- Durchfahrt nur in den bezeichneten und betonnten Fahrrinnen
- Fahrverbot ab einer Windstärke von 4 Beaufort.
- Alle Personen müssen Rettungswesten tragen
- Gefahren werden darf nur bei Tageslicht
Wo mit einem Charterschein gefahren werden darf: Tabelle und Karte
Nr. | Wasserstraße | von (km) | bis (km) | Beschränkungen |
---|---|---|---|---|
1 | Dahme-Wasserstraße mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäß §21.01 Buchstabe e) der BinSchStrO | 10,3 | 26,04 | |
2 | Havel-Oder- Wasserstraße(HOW) | |||
2.1 | Finowkanal | 89,3 (Schleuse Liepe) | 57,37 (Zerpenschleuse) | |
2.2 | Werbelliner Gewässer | 4 | 19,8 | |
3 | Lahn | 70 | 137,07 (Hafen Lahnstein) | |
4 | Müritz-Elde-Wasserstraße (MEW) | 1. Durchfahrt nur in der bezeichneten Fahrrinne 2. Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort 3. Alle Personen müssen Rettungswesten tragen 4. Telefonischer Abruf über Befahrbarkeit beim Unternehmen vor der Einfahrt (Wind, Wetter) 5. Telefonische Meldung beim Unternehmen nach der Durchfahrt | ||
4.1 | MEW | 0,95 (Schleuse Dömitz) | 121 (Beginn Plauer See) | |
4.2 | MEW – Plauer See | 121 (Beginn Plauer See) | 126 (Lenz) | |
4.3 | MEW | 126 (Lenz) | 152,50 ( Klinik an der Müritz) | 1. Durchfahrt nur in der bezeichneten Fahrrinne 2. Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort 3. Alle Personen müssen Rettungswesten tragen |
4.4 | MEW | 152,50 (Klinik an der Müritz) | 167 (Ausfahrt Hafendorf Claassee) | 1. Fahrt nur entlang der Fahr- rinnenbezeichnung des westlichen Ufers 2. Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort 3. Alle Personen müssen Rettungswesten tragen 4. Telefonischer Abruf über Befahrbarkeit beim Unternehmen vor der Einfahrt (Wind, Wetter) 5. Telefonische Meldung beim Unternehmen am Zielort oder bei Fahrtunterbrechung |
4.5 | MEW | 167 (Ausfahrt Hafendorf Claassee) | 180 (Buchholz) | |
4.6 | Stör-Wasserstraße | 0,0 (Einmündung in die MEW) | 19,88 (Einmündung in den Schweriner See) | |
4.7 | Stör-Wasserstraße | 19,88 | 44,70 (Hohen Viecheln) | 1. Durchfahrt nur in der bezeichneten Fahrrinne 2. Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort 3. Alle Personen müssen Rettungswesten tragen |
5 | Müritz-Havel-Wasserstraße (MHW) mit Haupt- und Nebenstrecken gemäß § 24.01 Buchstabe b) der Binnenschifffahrtsstraßen Ordnung (BinSchStrO) | 0,0 | 31,8 | |
6 | Obere-Havel-Wasserstraße (OHW) | |||
6.1 | OHW mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäߧ 24,01 Buchstabe a) der BinSchStrO | Mzk 43,95 (Schleuse Liebenwalde) | 15,9 (Schleuse Zehdenick) | |
6.2 | Obere Havel-Wasserstraße (OHW) mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäß §24.01 Buchstabe a) der BinSchStrO | 15,9 (Schleuse Zehdenick) | 94,4 (Hafen Neustrelitz) | |
7 | Peene | 2,50 (Malchin) | a) 34,9 (Demmin) b) 104,60 (Peenestrom) für Inhaber des Sportbootführer- schein Geltungsbereich See oder eines gleichgestellten Befähigungszeugnisses | Kummerower See: Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort |
8 | Rüdersdorfer Gewässer mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäß § 21.01 Buchstabe d) der BinSchStrO | 0 | 3,78 (Schleuse Woltersdorf) | |
9 | Saale | 89,2 (Schleuse Trotha) | 115,22 (Risch- mühlenschleuse) | |
10 | Saar | 87,6 | dt.-franz. Grenze | |
11 | Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) | |||
11.1 | Drahendorfer Spree | Gesamtstrecke | ||
11.2 | Gosener Kanal | Gesamtstrecke | ||
11.3 | Neuhauser Speisekanal | Gesamtstrecke | ||
11.4 | Seddinsee | Gesamtstrecke | ||
12 | Untere Havel-Wasserstraße (UHW) | |||
12.1 | Potsdamer Havel (PHv) mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäß § 22.01 Buchstabe a) der BinSchStrO | 28,0 (Babelsberger Enge) | 0,0 (Einmündung in die UHW) | Schwielowsee: Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort |
12.2 | UHW mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gem. § 22.01 Buchstabe a) der BinSchStrO einschl. Beetzsee-Riewendsee- Wasserstraße | 56,0 (Brandenburg) | 67,5 Plaue | 1. Brandenburger Niederhavel: Fahrterlaubnis Silokanal: Fahrverbot 2. Plauer See und Breitingsee: Fahrverbot ab Windstärke 4 Beaufort 3. Plauer See: a. Fahrverbot, wenn der Inhaber der Charter- bescheinigung nicht mindestens 2 Tage Fahrpraxis seit Antritt der Fahrt nachweisen kann b. Durchfahrt von km 63,2 bis km 67,0 nur am jeweils äußersten Rand der Fahrrinne (Tonnenstrich) 4. Für Kreuzungsbereiche bei km 56 und km 67 gilt zusätzlich: Das Überqueren der UHW ist nur erlaubt, wenn dies sicher möglich ist. Der Inhaber der Charterbescheinigung hat sich vor dem Überqueren der UHW von der Beetzsee-Riewendsee- Wasserstraße in Richtung Brandenburger Niederhavel telefonisch mit der Vorstadtschleuse Brandenburg in Verbindung zu setzen und zu erfragen, ob die UHW frei ist. |
12.3 | UHW mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gemäß § 22.01 Buchstabe a) der BinSchStrO | 67,5 (Plaue) | 145,8 (Havelberg) | Fahrverbot bei Wasserständen am Unterpegel Rathenow von mehr als 130 cm |
12.4 | Untere Havel Mündungsstrecke mit den zu diesem Abschnitt gehörenden Haupt- und Nebenstrecken gem. § 22.01 Buchstabe a) der BinSchStrO | 145,8 (Havelberg) | 156,0 (Quitzöbel) | Fahrverbot bei Wasserständen am Unterpegel Rathenow von mehr als 130 cm |
15-PS-Regel: Boot fahren ohne Führerschein
In Deutschland ist für Boote ab einer bestimmten Größe und Motorisierung ein Sportbootführerschein Pflicht. Welcher Sportbootführerschein wo gilt, hängt vom Revier, bzw. dem Geltungsbereich ab. Für Seeschifffahrtstraßen, also Küstenreviere und einige Flüsse wie die Elbe bis Hamburg, ist ein Sportbootführerschein See (SBF See) erforderlich. Im Bereich der Binnenschifffahrtstraßen entsprechend der SBF Binnen, der im Gegensatz zum SBF See unter den Antriebsarten Motor und Segel unterscheidet.
Es gelten jedoch auch Ausnahmen, die keinen Sportbootführerschein erfordern. Wichtigste Regel dabei: die sogenannte 15-PS-Regel. Diese Regelung besagt, dass Sportboote (sowohl Motor- als auch Segelboote) mit einem Motorantrieb bis zu 15 PS ohne Führerschein gefahren werden dürfen. Der Name „15 PS Regel“ ist jedoch nach einer Änderungvom 1.4.2023 etwas irreführend, weil er lediglich für Verbrennungsmotoren gilt. Bei Elektroantrieben gilt diese Grenze bereits ab 7,5 KW, was 10,2 PS entspricht.
Wo darf man in Deutschland Motorboot fahren ohne Führerschein?
Grundsätzlich ist es für Personen ab 16 Jahre bis auf wenige regionale und technische Ausnahmen gestattet, Motorboote bis 15 PS bzw. 7,5 KW ohne Führerschein zu fahren, sowohl im Bereich der Seeschifffahrtstraßen als auch in Binnenbereich. Neu seit 1.4.2023: auch auf dem Rhein gilt nun die 15-Ps-Regelung.
Folgende Binnenreviere sind von der 15-PS-Regel ausgenommen:
Berlin: Spree-Oder-Wasserstraße
Anforderungen an die Kleinfahrzeuge/Kleinfahrzeugführer: die Spree-Oder-Wasserstraße vom Kanzleramtssteg (km 14,10) bis zur Oberbaumbrücke (km 20,70) – einschließlich Spreekanal – darf von Kleinfahrzeugen nicht befahren werden, wenn
- sie ohne Maschinenantrieb fahren
- sie mit einer Antriebsmaschine ausgestattet sind, die eine Nutzleistung von weniger als 3,69 W (5 PS) aufweisen
- der Kleinfahrzeugführer nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zum Führen von Sportbooten (Sportbootführerschein gemäß SportbootFüV – Bin) ist (gilt hier auch für Fahrzeuge mit weniger als 15 PS).
Bodensee
Auf dem Bodensee gilt die Führerscheingrenze bereits ab 6 PS
Landesgewässer
Bestimmte Landesgewässer zähen nicht zur Binnenschifffahrtsstraßenordnung, Hier gelten die jeweiligen regeln der Bundesländer, die sich regional unterscheiden können.
Informationspflicht für das Bootfahren ohne Führerschein
Schiffsführer auch von Booten, die unter der Führerscheingrenze liegen, sind dazu verpflichtet, sich über die allgemeinen Bestimmungen und Regeln zu informieren.. Zu diesen gehören Themen wie Vorfahrt- und Ausweichregeln, Lichterführung, Betonnung, Seezeichen und Schallsignale. Vor Fahrtantritt lohnt es sich zudem, die geplante Route mit dem zuständigen Wasser- und Schifffahrtstraßenamt (WSA) abzustimmen.
Tabelle: Wo darf man ohne Führerschein Boot fahren?
Binnen | See | |
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Motorisierte Boote (Verbrennungsmotor) | Motorleistung ≤ 15 PS /7,5 KW f. e-Motoren Länge: 20 m Mindestalter: 16 Jahre nicht gewerblich | Motorleistung ≤ 15 PS /7,5 KW f. e-Motoren Länge: unbegrenzt Mindestalter: 16 Jahre nicht gewerblich |
Ausnahmen | Bodensee ≤ 6 PS Spree-Oder-Wasserstraße km 14,1-20,7 ≤ 5 PS einzelne Landesgewässer ≤ 5 PS | Motorleistung ≤ 5 PS Alter: unbegrenzt |
Hausboot (Charterbescheinigung) | Länge: 15 m Höchstgeschwindigkeit: 12 km/h Personen: 12 Mindestalter: 16 Jahre | k.A. |
Die 15-PS Regel wurde eingeführt, um den Einstieg in den Bootssport wesentlich zu erleichtern und den Wassertourismus zu fördern. Eine informative Broschüre hat der Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. dazu herausgegeben.
Boot fahren ohne Führerschein: Wo Befähigungsnachweise vorgeschrieben sind
Die Tabelle zeigt aktuelle amtlich vorgeschriebene Befähigungsnachweise für Binnenschifffahrtstraßen.
Geltungsbereich | Führerscheinpflicht für Fahrzeuge | Voraussetzung | Führerschein |
---|---|---|---|
Binnenschifffahrtsstraßen | mit Motor: > 15 PS (11,03 kW) Verbrennungsmotor > 7,5 kW Elektromotor ≤ 20 m Länge | Mindestalter 16 Jahre ärztliches Zeugnis | SBF* mit Antriebsmaschine |
Binnenschifffahrtsstraßen | mit Segel > 6 m² Segelfläche in Berlin und Brandenburg laut SpFV (Anlage 8) | Mindestalter 14 Jahre ärztliches Zeugnis | SBF* unter Segel |
Binnenschifffahrtsstraßen mit Ausnahme Rhein und nicht streckenkundepflichtigen Wasserstraßen | mit Motor < 25 m Länge | Mindestalter 18 Jahre ärztliches Zeugnis | Sportschifferzeugnis E |
Binnenschifffahrtsstraßen mit Rhein und nicht streckenkundepflichtigen Wasserstraßen | mit Motor 20 m-25 m Länge | Mindestalter 18 Jahre ärztliches Zeugnis | Sportpatent |
Bodensee | mit Motor > 6 PS (4,4 kW) | Mindestalter 18 Jahre ärztliches Zeugnis | Bodenseeschifferpatent A |
Bodensee | mit Segel > 12m² Segelfläche | Mindestalter 14 Jahre ärztliches Zeugnis | Bodenseeschifferpatent D |
Hochrheinstrecke (Rhein zwischen Öhningen und Schaffhausen) | mit Motor > 6 PS (4,4 kW) | Mindestalter 18 Jahre ärztliches Zeugnis | Hochrheinpatent |
*SBF mit dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen +Sportbootführerscheinverordnung |