Boots-Navigations-Apps: Drei Möglichkeiten des Routings
Hinweis zur Seemannschaft
Auch wenn die elektronischen Seekarten mittlerweile gut sind und die Anbieter in ihren Abo-Modellen auch stetig aktuelle Daten anbieten und die Karten auf dem neuesten Stand halten, sollte stets auch immer eine aktuelle und/oder berichtigte Papierseekarte an Bord sein. Es gibt gute Gründe, sich nicht nur auf die elektronische Navigation zu verlassen, denn die Geräte, die Stromversorgung an Bord oder auch Akkus können unvorhergesehen ausfallen oder fehlerhaft arbeiten, wie die GPS Störungen in der Ostsee nach Ausbruch des Ukraine-Krieges gezeigt hat. Ein gedruckter Seekartensatz ist unter Gesichtspunkten der Seemannschaft auch bei einer hochwertigen Ausrüstung für die elektronische Navigation stets erforderlich. Aber nicht nur als Backup sollte eine Papierkarte genutzt werden, auch für die hier vorgestellten Arten der Navigation ist Papier im Sinne der Seemannschaft stets notwendig.
Eine gute Lösung bieten einige Anbieter von gedruckten Seekarten, wie zum Beispiel der NV-Verlag: Mit dem Kauf eines Seekartensatzes bekommt der Nutzer die Möglichkeit, auch die digitalen Karten auf der App nutzen zu können. Der Nutzungszeitraum beträgt in der Regel ein Jahr. Auf diesem Wege sind beide Lösungen an Bord zusammen nutzbar.
Routen manuell erstellen
Die wohl am häufigsten genutzte Funktion der Navi-Apps ist das manuelle Routing. Hier wird eine Route – meistens per Fingerdruck auf dem Touchscreen manuell durch das Setzen einzelner Wegepunkte erstellt. Der Vorteil: Bei der Routenplanung- und erstellung wird bereits der gesamte Weg kontrolliert und Schleusen, Brücken, Fähren, Fahrwasser und Untiefen bereits vor der Abfahrt auf der Karte gesehen und in den Törnverlauf eingeplant. Außerdem können unter Umständen bei der manuellen Routenplanung auch Faktoren wie zum Beispiel Wind, Welle, Strömung oder auch Zwischenstopps mit eingeplant werden.
Auch hier sollten bei der Routenerstellung detaillierte Papierkarten zur Kontrolle genutzt werden, denn vor allem Vektorkarten blenden bei niedrigen Zoomstufen Objekte wie Tonnen oder Untiefen aus. Ausserdem bieten sogenannte Übersegler-Karten eine gutes Gesamtbild.
Automatische Routenerstellung
Besonders komfortabel ist die Erstellung der Route, wenn die Apps sie automatisch vornimmt. Viele Anbieter von Navigations-Apps biete diese Funktion mittlerweile an. Dabei wird – wie von der Straßennavigation im Automobilbereich bekannt – einfach ein Start und ein Zielpunkt eingegeben und die App berechnet anschließend automatisch die ideale Route. Achten Sie bei dieser Art des Routings darauf, dass die Bootsdaten wie Tiefgang, Durchfahrthöhe etc. möglichst genau eingegeben werden, weil die Apps anhand dieser Daten die möglichen Fahrtwege berechnen.
In jedem Fall sollten automatische Routen nach der Erstellung penibel genau nachkontrolliert und angepasst werden. Bei der automatischen Routenerstellung berechnen fast alle Apps lediglich die Wassertiefe und Durchfahrthöhen bei Brücken und nutzt die Betonnungsdaten. Jedoch kennt auch die beste App die vorherrschenden Bedingungen nicht und geht auch nicht auf Faktoren wie Tidenströmung oder besondere Vorschriften ein. In unserem Test von Oostende ins britische Ramsgate schlägt die App zum Beispiel einen direkten Weg vor, der jedoch die dringend zu beachtende Vorschrift, das Verkehrstrennungsgebiet genau im rechten Winkel zu queren, außer acht lässt (siehe Bild unten). Deshalb sollte auch im Hinblick auf zum Beispiel Schleusen oder Brückenöffnungszeiten immer eine genaue Kontrolle erfolgen und nicht blind der Route hinterhergefahren werden. Also sollte auch hier ein genauer Blick auf die Papierseekarte, Tidentabelle und Revierführer und -infos und alle anderen relevanten Hinweise geworfen werden.
Navigation mit der Peilfunktion
Die wohl unbekanntere Art, per App zum Ziel zu navigieren, ist das Routung mittels Peilung oder Distanzmessung. In einigen Situationen ist diese Form sinnvoll. Fast jede App bietet die Möglichkeit, einen bestimmten Zielpunkt zu markieren, um entweder die Richtung zu peilen oder die Entfernung zu messen. Wird als Startpunkt das eigenen Boot genommen, bleibt die Markierung am Boot fixiert und zeigt fortlaufend die Kurslinie und Restweite zum Ziel an. Mit dieser Art des „Routings“ lässt sich beispielweise von Wegpunkt zu Wegpunkt navigieren oder für Segler, die hoch am Wind kreuzen müssen, immer die Richtung des Ziels im Auge behalten. In diesem Falle entfällt auch das oft zeitraubende Setzen von zahlreichen Wegpunkten, was vor allem dann hilfreich ist, wenn das Törnziel unterwegs – zum Beispiel wegen Wetteränderungen – geändert wird. So kann schnell ein Ziel anvisiert werden, ohne mit nassen und klammen Fingern eine genaue Route erstellen zu müssen.
Nutzen Sie immer eine Papierseekarte zur Kontrolle, da diese Peil-Linien nur die direkte Luftlinie zeigen und keine Wassertiefen, Hindernisse oder Fahrwasser berücksichtigen.
Fazit
Welche Form des Routings die richtige ist, hängt von mehreren Faktoren und auch von persönlichen Vorlieben ab. Die automatische Routenerstellung stellt hier die komfortabelste Möglichkeit dar, weil nur Start und Ziel eingegeben werden müssen. Eine manuelle Routenplanung hat den Vorteil, das die Route bereits auf der elektronischen Karte genauer angesehen wird und Hindernissen und Besonderheiten vor dem Törn bekannt sind. Die Navigation mittels Peilung geht am schnellsten, berücksichtigt allerdings keinerlei Fahrtwege oder Untiefen und eignet sich nicht für enge Binnenreviere oder Flussläufe. In der Praxis hat sich daher eine Kombination aus allen verschiedenen Möglichkeiten bewährt, die je nach Seegebiet und Bedingungen gewählt werden können.
Wichtig ist in jedem Fall: So gut die Navigations-Apps für Boote mittlerweile auch sind – ein Blick auf die aktuelle Papierseekarte ist in jedem Fall immer notwendig.
- Mehr Infos zum Navigieren mit mobilen Geräten und zu Bord-Apps.
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