Bootskauf: Wie groß sollte ein Boot sein?
Eine der wichtigsten Fragen beim Bootskauf - die Größe
Vor der Suche nach einem geeigneten Boot steht meistens die alles entscheidende Frage: „Wie groß soll das Boot sein? Welche Größe passt ideal zu den Anforderungen?“ In den letzten zwanzig Jahren sind Boote im allgemeinen immer Größer geworden. Waren um die Jahrtausendwende Boote unter 30 Fuß auf der Ostsee das normale Bild, gelten heutzutage auch 32 Fuß und mehr schon als Kleinkreuzer. Im Mittelmeer geht unter 40 Fuß fast gar nichts mehr. Die Industrie befeuert den Trend und bietet immer größere Modelle an. Für Hersteller gilt oft, dass sich das Geschäft mit kleinen Booten kaum lohnt, weshalb das Augenmerk oft auf Yachten über 40 oder gar 50 Fuß liegt. Kleine Boote um 20 oder 22 Fuß werden oft nur von auf Kleinkreuzer spezialisierten Werften angeboten. Vor allem bei Segelbooten geht der Trend nach oben, während Motorboote auch von Serienwerften oft auch unter 30 Fuß angeboten werden.
Künftige Eigner stehen immer vor der Frage, welche Bootsgröße ideal ist. Für die Entscheidung spielen viele Faktoren eine Rolle, die vor der Bootssuche beachtet werden sollten.
Je größer der Seeraum, desto größer das Boot.
Seegängige Yachten sind größer als Boote, die für Küstengebiete oder Binnenreviere konzipiert wurden. Laut EU-Sportbootrichtlinie 94/25/EG müssen seit 1998 alle Sportboote, die innerhalb der Europäischen Union erstmalig in Verkehr gebracht werden, zertifiziert und CE-gekennzeichnet sein. Die CE Klassen lauten A, B, C und D.
Die CE Kategorien ist eingeführt worden, damit Bootskäufer klar ersichtlich erkennen können, für welche Beanspruchung ein Boot gebaut und konzipiert wurde. Der Bootshersteller erklärt damit, dass das Produkt denAnforderungen der Europäischen Gemeinschaft genügt und grenzübergreifend gehandelt werden darf.
CE-Kategorie | Windstärke Beaufort | Signifikante Wellenhöhe | Textbeschreibung |
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A - Hochsee | >8 | >4 Meter | Ausgelegt für ausgedehnte Fahrten, bei denen Wetterverhältnisse mit einer Windstärke über 8 (Beaufort-Skala) und signifikanten Wellenhöhen über 4 m auftreten können (z. B. im Hochseebereich) und die diese Boote weitgehend aus eigener Kraft bestehen können, jedoch ausschließlich extremer Wetterverhältnisse (z. B. Hurrikans). |
B - Außerhalb Küstengewässer | bis einschl. 8 | bis einschl. 4 Meter | Ausgelegt für Fahrten ausserhalb von Küstengewässern, bei denen Wetterverhältnisse mit einer Windstärke bis einschließlich 8 und Wellenhöhen bis einschließlich 4 m auftreten können. |
C - küstennahe Gewässer | bis einschl. 6 | bis einschl. 2 Meter | Ausgelegt für Fahrten in küstennahen Gewässern, grossen Buchten, Flußmündungen, Seen und Flüssen, bei denen Wetterverhältnisse mit einer Windstärke bis einschließlich 6 und Wellenhöhen bis einschließlich 2 m auftreten können. |
D - geschützte Gewässer | bis einschl. 4 | bis einschl. 0,5 Meter | Ausgelegt für Fahrten auf kleinen Seen, schmalen Flüssen und Kanälen, bei denen Wetterverhältnisse mit einer Windstärke bis einschließlich 4 und signifikanten Wellenhöhen bis einschließlich 0,5 m auftreten können. |
Wichtig: Die CE-Klassifizierung stellt rein rechtlich keine Vorschrift dar, in welchem Befahrensgebiet ein Boot bewegt werden darf. Theoretisch darf mit einem 18 Fuß Kleinkreuzer auch um die Welt gesegelt werden. Beachtet werden sollte immer, welche Klauseln in den Versicherungspolicen enthalten sind.
Aus den Klassifizierungen ergeben sich meistens auch die entsprechenden Bootsgrößen. Zwar ist die Einstufung nicht zwangsläufig von der Bootsgröße abhängig (Die Regattaklasse „Classe Mini“, auch „Mini-Transat“ genannt, hat bei nur 6,50 Meter Länge die CE-Kategorie A), aber es wird sich am Markt kaum ein Serienboot unter 30 Fuß finden, welches mit A klassifiziert wurde. Die Weisheit: Je größer der Seeraum, desto größer das Boot, stimmt zwar nur bedingt, hat aber oftmals Berechtigung, weil – trotz Ausnahmen – größere und schwerere Yachten meistens mehr Seegang vertragen als Kleinkreuzer.
Für die Atlantiküberquerung, das Mittelmeer oder auch die Ostsee sollte die Bootssuche in aller Regel nicht zu klein anfangen. Hier finden sich ab 35 oder 40 Fuß aufwärts die richtigen und passenden Angebote.
Wer hingegen in geschützten Küstenrevieren unterwegs sein möchte, kann die Suche auch unter 30 Fuß beginnen. Noch kleiner und bis unten kaum Grenzen gesetzt können Boote sein, die sich in Binnerevieren, auf Seen und Flüssen bewegen.
Die Nutzungsdauer
Ein wesentlicher Faktor bei der Bootsgröße stellt auch die Nutzung, vor allem die Dauer dar. Für wochen- oder gar monatelange Törns wird mehr Lebensraum gefordert sein als für Kurztrips oder mal ein paar Tage an Bord. Hier spielt nicht nur die reine Wohnfläche eine Rolle, sondern auch der Stauraum für Gepäck, Zubehör und Verpflegung. Und das gilt nicht nur hinsichtlich des Platzangebotes – auch die Zuladung spielt eine Rolle. Kleine Boote, die überladen sind, können unterwegs Probleme bekommen hinsichtlich des Gewichtstrimms. Je größer ein Boot, desto höher ist in der Regel auch die Zuladung. Bordfahrräder, Ersatz-Außenborder, Beiboot und Wasserkanister können ein kleines Boot schnell in sprichwörtliche Schieflage bringen. Vor allem in Binnenrevieren lassen sich oft Boote beobachten, bei denen der Wasserpass nicht mehr sichtbar ist oder ab der Bootsmitte unter Wasser verläuft. Während das auf einem ruhigen und geschützten See meist keine Folgen hat, kann es auf See bei Welle zu erheblichen Schwierigkeiten in der Manövrierbarkeit führen.
Daher gilt auch hier das „je mehr, desto mehr“-Prinzip. Je länger die Nutzungsdauer ist, desto mehr Fuß sollte ein Boot besitzen. Das gilt für die Fahrtenyacht genauso wie für das offene Angelboot oder das motorisierte Schlauchboot. Auch hier gilt: je mehr Ausrüstung mitgeführt werden soll, desto geräumiger und Ladefreudiger sollte ein Boot sein.
Allerdings ist bei langer Nutzung nicht nur die Länge ein wesentlicher Faktor, sondern auch die Höhe im Innenraum. Für ein Wochenende oder ein paar Tage ist eine gebückte Haltung unter Deck nicht weiter schlimm. Auf langer Fahrt jedoch ist Stehhöhe meistens ein Segen.
Die Crewgröße
Natürlich hängt die Bootsgröße auch davon ab, wie viele Personen sich in der Regel an Bord befinden. Wichtig dabei ist: „in der Regel“. Kommt ab und zu mal jemand für ein Wochenende an Bord, kann auch die Sitzbank im Salon als „Gästecouch“ umgenutzt werden. In diesem Fall reicht für eine dreiköpfige Familie ein Boot aus, in dem es zwei Schlafkabinen gibt. Sind Gäste allerdings die Regel, sollte die Suche nach der durchschnittlichen Personenzahl an Bord angesetzt werden. Auch hier spielt also gewissermaßen die Nutzungsdauer eine Rolle. Sind sie Gäste wieder weg, kann die leere Kabine auch als Stauraum umgenutzt werden, was vor allem auf Langfahrt von Vorteil sei kann.
„Crewgröße“ bezieht sich jedoch nicht nur auf die Personenzahl, sondern durchaus auch auf die Körpergröße. Denn auch die Kojenmaße spielen eine Rolle. Große Personen über 1,90 Meter werden in der Regel eher bei größeren Yachten eine entsprechende Liege- und Stehfläche finden.
Die Ausstattung
Auch die gewünscht Ausstattung spielt eine Rolle bei der Suche nach der richtigen Bootsgröße. Menschen, die es gerne spartanisch mögen und keinen Wert auf viel Technik und Komfort legen, werden mit kleineren Booten bereits glücklich. Wer jedoch auf Annehmlichkeiten – sei es im Bezug auf das Leben an Bord oder auch Komfort unterwegs – nicht verzichten möchte, wird ein größeres Boot suchen müssen. Watermaker, Gefrierschrank, elektrische Ankerwinde, großer Kartenplotter und Davits für das Beiboot brauchen Platz und auch Platz für die Installation der Peripherie. Die Faustregel „je mehr, desto mehr“ gilt meistens auch hier.
Allerdings gibt es auch mittlerweile kleinere Boote, die über allerhand Technik und Komfort verfügen. Die Bootsdesigner bekommen bei modernen Layouts mittlerweile viel mehr Raum und Ausstattung auch in Boote unterhalb der 30 Fuß. Unter Bootsbauern gilt, dass ein kleines Boot viel schwieriger zu entwerfen ist, weil weniger Fläche zur Verfügung steht. Da aber viele Eigner auch in Binnenrevieren keine 50 Fuß Boote fahren möchten, aber dennoch nicht auf Komfort verzichten wollen, wird dieser Markt seit Jahren gut bedient.
Bootskosten und Folgekosten
Mehr Fuß bedeutet fast immer auch mehr Kosten. Angefangen natürlich bei der Anschaffung schlagen vor allem Liegeplatzgebühren zu Buche. Viele Liegeplätze werden nach Länge oder Quadratmeter-Fläche der Boxen berechnet – im Sommer wie im Winter. Der Sprung von beispielsweise 25 auf 35 Fuß ist oftmals unverhältnismäßig hoch. Das betrifft auch weitere Kosten, wie Service, Inspektionen, Mastenlagerung, Kosten fürs Kranen, Bockmiete, Transport, Pflege, Versicherungen und vieles mehr. Außerdem befindet sich an Bord großer Yachten oft mehr Technik, die auch mal Service benötigt oder ausgetauscht werden muss. Ein 70 qm Großsegel kostet schnell mal ein paar tausend Euro. Das sollte bei der Suche in jedem Fall beachtet werden.
Das Unterwasserschiff eines 22-Fuß Bootes ist in ein paar Stunden neu gemacht – bei 45 Fuß benötigt man schon ein paar Tage dafür. Solche Überlegungen sollten natürlich auch vor der Suche eine Rolle spielen. Denn das vermeintliche 40-Fuß-Schnäppchen kann nach einer Weile wesentlich teurer werden als in der Anschaffung vergleichbare 30-Füßer.
Das Handling von Yachten und Booten
Es gibt eine Faustregel, die zunächst schlüssig klingt, bei genauerer Betrachtung jedoch kritischer gesehen werden sollte: „Pro Lebensjahr ein Fuß“. Klar, mit steigendem Alter steigt oft auch das Verlangen nach Komfort und Platz. Beim reinen Lebensraum an Bord hat dieser Satz mit Sicherheit eine Berechtigung – anders sieht es bei der Bedienung aus. Kleine Boote lassen sich meistens einfach manövrieren – vom Anlegemanöver bis zum Segeltrimm. Große Yachten indes benötigen meistens mehr Kraftaufwand, sei es beim Leinen halten in der Hafenbox oder beim Dichtholen der Genua. Mit steigendem Alter lässt aber die körperliche Belastungsfähigkeit oftmals nach und das Großsegel einer 45 Fuß Yacht nur mit großer Kraftanstrengung dichtholen oder setzen (außer, es befinden sich hydraulische Winschen an Deck). Es gibt nicht wenige Eigner, die mit steigendem Alter ihre Yachten immer seltener nutzen, weil sie beim Handling immer größere Probleme bekommen.
Fazit
Es gibt nicht die perfekte Bootsgröße. Dazu spielen zu viele Faktoren eine Rolle. Die Abwägung der einzelnen, oben aufgeführten Punkte führt jedoch meistens dazu, irgendwann die Bootssuche auf einen bestimmten Größenbereich einzuschränken. Damit sind Bootskäufer schon mal auf einem guten Weg, dass für sie richtige Boot zu finden. Im Hinblick auf Kosten, Nutzung und Handling gibt es vielleicht eine Faustregel, die die Suche nach der richtigen Schiffsgröße erleichtern kann: Nicht größer, als unbedingt nötig.