(Einhand) Segel-Manöver & Co.

Nach so viel Hafen-Gedöns freue ich mich nun drauf, endlich mit Euch hinaus aufs freie Wasser zu fahren. Mit Unterstützung des elektrischen Auto-Pilots, der das Boot auf Kurs hält , kann man schon im Hafen damit beginnen alle Leinen und Fender in der Backskiste zu verstauen. Danach können wir bereits die Segel zum Setzen vorbereiten. Dazu zählt neben dem Aufklaren alle notwendigen Leinen und Schoten, auch das Wegnehmen etwaiger Segel-Abdeckungen oder Bändsel.

Segel setzen

Sobald wir freies Wasser erreicht haben, können wir nun die Segel setzen. Wie üblich zunächst das Groß- und anschließend das Vorsegel.

  • Im Cockpit geben wir zunächst etwas Lose in die Großschot und reduzieren außerdem unsere Geschwindigkeit. Die Lose in der Großschot soll dafür sorgen, dass der Baum beim Setzen des Großsegels etwas im Wind schwingen kann und so kein hinderlicher Winddruck im Tuch entsteht.
  • Nun manövrieren wir das Boot mit Hilfe der Maschine und des Auto-Piloten in den Wind. Zeigt der Verklicker im Topp genau nach vorne, können wir mit dem Setzen des Großsegels beginnen. Abhängig von den vorherrschenden Windbedingungen solltet ihr bereits dabei entscheiden, ob ihr das komplette oder ggf. nur ein gerefftes Segel setzt.
  • Nach dem Durchsetzen des Großfalls können wir nun über die entsprechende Seite ansegeln und uns danach um das Vorsegel kümmern.
  • Dabei gehen wir im aktuellen Beispiel von einer der heute gängigen Vorsegel-Rollanlage aus. Neben den beiden Vorschoten klarieren wir dazu auch die Holeleine der Rollanlage sauber auf, damit diese beim Ausrollen des Vorsegels keine Probleme bereitet.
  • Anders als beim Großsegel können wir das Vorsegel jetzt auch am Wind setzen. Der Wind unterstützt so nämlich das Abrollen des Segels. Die Holeleine der Rollanlage sollte dabei (gerade bei etwas mehr Wind) aber sicher und kontrolliert gefiert werden.
  • Sind die Segel richtig getrimmt, können wir endlich die Maschine abstellen und für etwas Ordnung im Cockpit sorgen. Dazu schließen wir die entsprechenden Fall-Klemmen, klarieren die verbleibenden Fall-Reste und machen etwaig belegte Winschen erneut frei und einsatzbereit.
  • Und noch ein kleiner Tipp: Wenn das Vorsegel nicht komplett abgerollt wird, besteht je nach Absicherung der Holeleine immer die Gefahr, dass das Vorsegel ungewollt ausrauscht. Ich sichere daher die Holeleine immer noch zusätzlich auf der achteren Klampe.

Die (Einhand) Wende

Die Wende gilt als das vermeintlich einfachste Segel-Manöver bei dem das Boot mit dem Bug durch den Wind fährt und im Grunde nur das Vorsegel bedient werden muss. Für die dafür notwendige Kursänderung nutze ich den schon eingangs erwähnten elektrischen Auto-Piloten. Also los:

  • Ausgangskurs für die Wende ist ein Kurs hoch am Wind. Soll heißen, die Segel sind dicht geholt und das Boot wird mit einem Winkel zwischen 50 und 60 Grad zum Wind gesteuert.
  • Bevor wir die Wende einleiten, nehmen wir bereits die leewärtige Vorschot auf Standby. Gerade bei viel Wind ist hier natürlich entsprechender Zug auf Schot und ihr solltet mindestens zwei Törns auf der Winsch belassen, um die Leine sicher und gut halten zu können. Alternativ könnt ihr die Schot aber auch bis zur Wende selbst belegt lassen und erst dann loswerfen.
  • Für die Wende selbst fahren wir mit einer Kursänderungg von 120 Grad durch den Wind. Dieser Wert ergibt sich aus den beiden Winkeln, die man auf Backbord- oder Steuerbord-Bug segelnd, maximal zum Wind erreichen kann. Bei CARPE DIEM sind dies etwa 50 bis 60 Grad, die wir an den Wind herankommen. Gehe ich also von 60 Grad zu beiden Seiten aus, bin ich mit einer Kursänderung von 120 Grad auf der sicheren Seite.
  • Nachdem der neue Kurs nun in Zehnerschritten eingestellt ist, warten wir bis das Boot mit dem Bug durch den Wind dreht , werfen die Lee-Schot los und holen das Vorsegel über.
  • Dann noch etwas Feintrimm an den Segeln und fertig ist die Einhand-Wende.

Die (Einhand) Halse

Nun also zur Halse, bei der das Boot nicht mit dem Bug, sondern dem Heck durch den Wind fährt. Klingt soweit nicht weiter schlimm. Trotzdem ist die Halse das etwas schwierigere Manöver, vor dem so mancher Skipper Respekt hat. Das liegt in erster Linie an den Gefahren, die sich aus nicht korrekt gefahrenen Halse bzw. einer Fehleinschätzung der Bedingungen ergeben können:

  • Ausgangskurs für die Halse ist ein sogenannte sicherer Raumwind-Kurs. Sicher bedeutet dabei, dass wir soweit abgefallen sind, dass der Wind von schräg achtern einfällt, wir aber bis zum eigentlichen Durchwandern des Windes am Heck etwa 20 Grad Luft lassen. So haben wir selbst bei unruhigen Bedingungen und einem ggf. stark gierenden Boot noch einen gewissen Sicherheits-Puffer, bevor der Wind von der anderen Seite des Bootes bläst. Sollte der Wind nämlich zu früh bzw. ungewollt am Heck durchwandern, droht die sogenannte Patenthalse bei der der weit aufgefierte Baum unkontrolliert von einer zu anderen Seite überschlägt und das Vorsegel gefährlich back steht.
  • Da der Wind zudem nun achterlich einfällt, kommt uns die gefühlte Windstärke (der sog. „scheinbare Wind“) nun deutlich schwächer als noch bei einem Am-Wind-Kurs vor. Der Wind ist aber natürlich noch in voller Stärke da. Auch insoweit solltet ihr also sehr wachsam sein.

Um all diesen Gefahren möglichst aus dem Wege zu gehen und das Manöver zusätzlich einfach und unkompliziert zu halten, habe ich mir für das Einhand halsen zwei Varianten gewöhnt:

Halsen mit geborgenem Vorsegel

Bei dieser Variante bergen wir während des Abfallens auf einen sicheren Raumwind-Kurs das Vorsegel, indem wir es mit der Holeleine der Rollanlage einholen. Das Großsegel wird derweil weit aufgefiert, um das Schiff bei der jetzt achterlichen Brise in Fahrt zu halten. So müssen wir uns während der Halse also nur noch um das Großsegel kümmern, was die ganze Angelegenheit ungemein erleichtert. Der Rest läuft dann wie üblich:

  • Wir holen die Großschot dicht.
  • Per Autopilot und einer Kursänderung von etwa 40 Grad gehen wir rund achtern …
    … und fieren die Großschot danach wieder schnell und weit auf.
  • Zu guter Letzt können wir das Vorsegel nun erneut setzen und wieder langsam anluven.

Wende statt Halse

Die zweite Variante für eine sichere Einhand-Halse ist: Die Wende ! Ja, ihr habt richtig gelesen. Denn anstatt zu halsen kann man nämlich auch einfach wenden:

  • Dabei luven wir zunächst von unserem sicheren Raumwind-Kurs auf einen Am-Wind-Kurs an. Da ist natürlich ein ganz schöne Kursänderung und man bekommt schnell das Gefühl wieder nach Hause zu segeln :-).
  • Aus dem Am-Wind-Kurs fahren wir nun die Wende.
  • Danach fallen wir erneut auf einen sicheren Raum-Wind-Kurs ab.
  • Das Ergebnis ist der gleiche Kurs den wir auch nach einer Halse erreicht hätten.

 

Segel bergen

Kommen wir nun zum letzten Teil des Kapitels „Segel-Manöver“, dem Segel bergen. Eigentlich keine große Sache:

  • Die Maschine läuft und sorgt zusammen mit dem Großsegel für etwas Vorausfahrt. Der Kurs wird derweil von unserem elektrischen Auto-Piloten gehalten.
  • Als Erstes bergen wir nun das Vorsegel. Dazu fieren wir die Lee-Vorschot so weit, bis das Segel beginnt zu killen. Mit der Holeleine der Rollanlage können wir das Segel nun nach und nach einrollen, während die Vorschot weiter gefiert wird.
  • Damit das Großsegel beim Bergen flüssig und schnell nach unten rutschen kann, klarieren wir zunächst das Großfall ordentlich auf. Darüber hinaus fieren wir die Großschot so weit, dass der Baum beim anschließenden „in den Wind fahren“ erneut etwas schwingen kann.
  • Mit dem Auto-Piloten fahren wir unser Boot nun in den Wind. Zeigt der Verklicker im Topp erneut genau nach vorne, werfen das Großfall los.
  • Im Idealfall rauscht das Segel nun in einem Rutsch nach unten. Falls das nicht funktioniert, gehen wir vorsichtig nach vorne zum Mast, ziehen das Segel bis auf den Baum herunter und sichern es anschließend mit ein paar Bändseln.

Eine etwas andere Variante ist das Bergen des Großsegels bei noch gesetztem Vorsegel. Diese Verfahren bietet sich an, wenn man nur noch mit der Genua weitersegeln will.

  • Der Ausgangskurs für dieses Manöver ist erneut Hoch-Am-Wind.
  • Bevor wir nun das Großfall loswerfen, ist es wichtig den Winddruck aus dem Großsegel zu nehmen. Beim herkömmlichen Bergen des Groß fahren wir dazu in den Wind. Jetzt fieren wir die Großschot so weit auf, bis der Baum im Wind steht und das Großsegel zu killen beginnt.
  • Nach dem Lösen des Großfalls können wir das Segel nun am Mast stehend bergen und am Baum sichern.
  • WICHTIG !! Bitte seid bei diesem Manöver sehr vorsichtig. Denn zum einen ist die Fahrt unter Sgeln oft deutlich unruhiger als unter Maschine und zweitens schwingt der Baum durch die gefierte Großschot stark hin und her. Sorgt also für einen sicheren Stand am Mast und pickt euch am besten mit eurem Lifebelt an einer Decksleine ein.