HVO-Diesel für Boote: Alles Wichtige zum klimaschonenden Kraftstoff

Kürzlich fiel der Startschuss des Projektes „Klimafreundlicher Bodensee“. Teil des Projektes ist die Einführung des klimafreundlichen HVO100-Diesels an mehreren Bootstankstellen. Alles Wichtige zu Vorteilen, Kosten und Kompatibilität des Klimadiesels in der Übersicht.

Nachhaltige Antriebstechnologien beschäftigen die Bootsbranche schon seit geraumer Zeit. Neben dem Umstieg vom Verbrenner auf elektrische Bootsmotoren, der vielerorts bereits forciert wird, sind auch Antriebstechnologien mit alternativen Kraftstoffen immer gefragter. So auch am Bodensee. Schon in der 3. Saison gibt es hier unter anderem in der Marina Ultramarin Meichle + Mohr in Kressbronn-Gohren die Möglichkeit, den innovativen Kraftstoff HVO100 zu tanken. Bei der Auftaktveranstaltung zum Projekt „Klimafreundlicher Bodensee“ in der Marina wurde die nachhaltige Diesel-Variante kürzlich einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Die Tankstelle in der Marina stellt dabei ein Gemeinschaftsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des baden-württembergischen Verkehrsministeriums dar und wird von Letzterem auch wissenschaftlich begleitet.

Was ist HVO-Diesel?

HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oil, also hydriertes Pflanzenöl. Es wird ausschließlich aus Abfall- und Reststoffen, z.B. pflanzlichen Ölen oder tierischen Fetten hergestellt, die durch ein spezielles Verfahren veredelt werden. Dadurch entsteht ein synthetischer, hochreiner Diesel, welcher keine Biodieselanteile enthält. Seine offizielle Bezeichnung lautet HVO100. Die Zahl 100 bezieht sich dabei auf den Recycling-Anteil.

Im Gegensatz zu eFuels, welche durch die Umwandlung von erneuerbarem Wasserstoff und CO2 hergestellt werden, wird der HVO100-Diesel aus bereits vorhandenen Stoffen produziert. Seit Ende Mai 2024 ist die Diesel-Variante auch im Straßenverkehr zugelassen.

Die Vorteile von HVO100 für Bootfahrer

HVO100-Diesel bietet gleich mehrere Vorteile im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. Laut KIT kann HVO100 über seinen gesamten Lebenszyklus bis zu 90 Prozent der CO₂-Emissionen einsparen. Der Sprit verbrennt sauberer als herkömmlicher Diesel und kann somit die Lebensdauer von Motoren verlängern. Im Tank hält sich HVO deutlich länger als fossiler Diesel. Zudem ist er biologisch abbaubar.

Bootsmotoren kommt der HVO100-Kraftstoff noch in anderer Hinsicht zugute: Im Gegensatz zu Biodiesel nimmt HVO kein Wasser auf und beugt so der gefürchteten Dieselpest vor. Auch der Umstieg auf Winterdiesel entfällt bei einer Betankung mit HVO.

Motorboot fährt am Bodensee.
Sind Sportboote am Bodensee künftig gänzlich klimaneutral unterwegs? Foto: Pixabay

Kompatibilität von HVO mit Dieselmotoren

So gut wie alle modernen Dieselmotoren und auch viel ältere Modelle können problemlos mit HVO100 tanken. Dazu kommt, dass der nachhaltige Kraftstoff sich ohne Weiteres mit herkömmlichem Diesel mischen lässt.

Damit stellt HVO auch eine sinnvolle Alternative bzw. Ergänzung zu elektrischen Antrieben dar. Vor diesen schrecken derzeit noch viele Eigner aufgrund von teuren Umrüstungskosten und der in vielen Revieren noch unzureichenden Ladeinfrastruktur zurück.

Kosten und Verfügbarkeit von HVO100-Diesel

Die Kosten des HVO-Kraftstoffes sind derzeit noch rund 5 bis 15 Cent höher als bei fossilem Diesel. Da die CO₂-Besteuerung für HVO-Kraftstoffe nicht gilt, ist jedoch damit zu rechnen, dass sich die Preise der beiden Dieselsorten in den kommenden Jahren annähern werden.

Die Verfügbarkeit des HVO100-Diesels innerhalb von Deutschland variiert stark. Seit seiner Zulassung für den Straßenverkehr gibt es jedoch eine zunehmende Zahl an Land-Tankstellen, welche den nachhaltigen Diesel ins Sortiment nehmen. Die Zahl der Bootstankstellen, welche HVO anbieten, ist aktuell noch überschaubar. Es ist jedoch denkbar, dass in den kommenden Monaten weitere Regionen dem Beispiel des Bodensees folgen werden.

Nachhaltige Kraftstoffe am Bodensee: HVO und Nautic E10

Am Bodensee selbst ist HVO derzeit in drei Tankstellen verfügbar: Neben der Marina Ultramarin in Kressbronn gibt es auch in Konstanz-Wallhausen und in Bodman die Möglichkeit, HVO100 zu tanken. Eine weitere Tankstelle in der Konstanzer Innenstadt soll bald folgen.

„Am Bodensee haben wir keine Probleme damit, den Jahresverbrauch an HVO abzubilden“, sagt Sonja Meichle, Geschäftsführerin von Ultramarin. Das Ziel von Meichle und den anderen Beteiligten am Projekt „Klimafreundlicher Bodensee“ ist es, das HVO-Angebot auf sämtliche Bootstankstellen am baden-württembergischen Bodenseeufer auszuweiten. Im Anschluss sollen die Nachbarregionen in Vorarlberg und der Ostschweiz folgen. „Wir möchten alle Seetankstellen am Bodensee mit ins Boot holen“, so Meichle.

Mann tankt an Bootstankstelle
Am Bodensee gibt es bereits mehrere Tankstellen, an denen HVO oder Nautic E10 getankt werden können. Foto: Ultramarin

Nautic E10: Ottokraftstoff mit Bio-Ethanol-Anteil

Neben HVO100 wurde am Bodensee auch der speziell für den Einsatz im Boot optimierte Ottokraftstoff Nautic E10 eingeführt, welcher ab dieser Saison auf allen deutschen Bodenseetankstellen verfügbar ist. Der Kraftstoff besitzt einen Bio-Ethanol-Anteil von 10 %, was eine CO₂-Einsparung von rund 8,5 % ermöglicht. Auch die Sorge vor Korrosionsschäden, welche bei Kraftstoffen mit Ethanolgehalt bei längeren Standzeiten oftmals besteht, ist beim Nautic E10 unbegründet. Ein beigemischtes Additiv garantiert einen Korrosionsschutz von mindestens einem Jahr.

Am Bodensee und auch in vielen anderen Revieren würden HVO und andere alternative Antriebe laut Meichle eine gute Möglichkeit darstellen, um auch Bestandsboote ohne teure Umrüstung mitzunehmen. Für die Ultramarin-Geschäftsführerin ist es aber wichtig, offen für alle nachhaltigen Antriebsmöglichkeiten zu sein: „Man muss alle Bereiche bespielen und die beste Möglichkeit für den jeweiligen Einsatzzweck finden.“

HVO und alternative Kraftstoffe: So steht der ADAC dazu

Im Automobilbereich wurde HVO100-Diesel vom ADAC bereits getestet. Hier kamen die ADAC-Tester ebenfalls zum Fazit, dass der Kraftstoff bedenkenlos von neuen und auch älteren Fahrzeugen getankt werden kann, sofern die Betankung vom Hersteller freigegeben ist.

Gerade bei Bestandsfahrzeugen mit Verbrennermotor – egal ob Auto oder Boot – ist es wichtig, Alternativen zu fossilen Kraftstoffen zu nutzen, um auch Verbrennermotoren klimafreundlich betreiben zu können. Für den ADAC sind hier sowohl Beimischungen als auch Reinkraftstoffe auf erneuerbarer Basis denkbar.

Wichtig ist laut ADAC jedoch auch, dass die Ausgangsstoffe tatsächlich aus Abfall und Reststoffen stammen. Nur so lassen sich Nachhaltigkeitsstandards einhalten und tatsächlich Umweltvorteile erzielen.

Technologieoffenheit im Bootsbereich

Auch im Bootsbereich sieht der ADAC in HVO eine mögliche Lösung, um den Energiebedarf mittelfristig zu decken. Als Trägerverband der Internationalen Wassersportgemeinschaft Bodensee (IWBG) setzt sich der ADAC deshalb z.B. auch am Bodensee für den Ausbau des HVO-Angebots ein.

Daneben ist jedoch auch die Weiterentwicklung von eFuels und anderer Lösungen für Benzinmotoren sowie der deutliche Ausbau der Ladeinfrastruktur von Elektrobooten, wo dies möglich ist, wichtig. Denn nur mit einem möglichst technologieoffenen Ansatz lässt sich sicherstellen, dass alle Verbraucher auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Bootssport mitgenommen werden.