Nach tödlichem Unfall: BSU veröffentlicht Sicherheitsempfehlungen für Sportboote

Eigentlich sollte der Ausbildungstörn einer 13,50 Meter langen Yacht dazu dienen, Skippern das Verhalten bei schwerem Wetter beizubringen. Die Fahrt endete jedoch in einer Tragödie. Am 8.April 2022 lief die Segelyacht „Speedy Go“, eine Salona 44 mit fünf Personen an Bord, in Flensburg aus, um auf einen fünftägigen „Schwerwettertörn“ zu gehen. Das Tagesziel war Marstal, (DK) und der Wind böig bei 5-6 Beaufort.

Etwa zwei Stunden nach dem Ablegen, noch auf der eigentlich geschützten Flensburger Innenförde, verfingen sich die Schoten der Fock bei einem Halsenmanöver am Beschlag des Mastfußes. Der Skipper ging daraufhin auf das Vorschiff, um die Leinen zu klarieren, trug dabei keine Rettungsweste und war dementsprechend auf nicht mit einer Lifeline (Gurtband) gesichert. Nachdem die Leinen wieder klar waren und die Yacht aufgrund des sich wieder mit Wind füllenden Vorsegels krängte, fiel der Skipper rücklings über Bord.

Tödlicher Unfall auf der Ostsee

Bei der nachfolgenden Rettungsaktion der Crew kam es zu einer Aneinanderreihung von Fehlern und zu Problemen durch technische Mängel. Zunächst begab sich ein Mitsegler mit Rettungsweste ins Wasser, um dem nach nur wenigen Minuten bereits sichtlich schwachen Skipper zu helfen, anschließend verlor die Crew die Badeleiter, die nicht fest am Heck montiert sondern nur eingehakt war. Letztlich konnte nur der stark unterkühlte Mitsegler lebend geborgen werden. Eine halbe Stunde nach dem Überbordgehen wurde der Skipper von über Funk gerufenen Rettungskräften geortet und geborgen. Reanimierungsmaßnahmen vor Ort brachten keinen Erfolg, der Skipper erlag im Krankenhaus den Folgen des Seeunfalls.

Seekarte position des Unfalls

Bericht der Bundesstelle für Seefalluntersuchungen

Die Bundesstelle für Seefalluntersuchungen (BSU) hat den Vorfall und alle begleitenden Details genau aufgearbeitet und im Bericht 138/22 veröffentlicht. Bei dem Seeunfall führten viele Einzelpunkte dazu, dass eine Person den Vorfall nicht überlebte. Wesentlich ist hier die Tatsache, dass der Skipper weder eine Rettungsweste trug, noch entsprechend mit einem Lifebelt gegen das Überbordgehen gesichert war. Auch die mangelhafte Badeleiter führte unter anderem dazu, dass das Bergungsmanöver nicht erfolgreich war.

Außerdem wusste die Crew nicht, wie die abnehmbare Bank am Heck entfernt wird, was dazu führte, dass der Mitsegler 1,15 Meter hoch über die Bank gehoben werden musste, statt „nur“ 65 Zentimeter. Auch der Umstand, dass Crewmitglieder den Rettungsring vom Heckkorb nur mit Schwierigkeiten lösen konnte, weil die Halterung mit kalten Fingern und Handschuhen nur schwer zu öffnen war, kostete wertvolle Zeit. Vieler dieser einzelnen Punkte führten zudem zu Hektik. Notrollen waren nicht eingeteilt.

Ursächlich für das Ertrinken des Skippers war insbesondere das Nicht-Tragen einer Rettungsweste. (BSU Bericht)

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Sicherheitseinweisung an Bord offenbar nicht ausreichend war. Für die Untersuchung wurden alle Crewmitglieder detailliert über den Ablauf des Törns befragt.

Der BSU-Bericht analysiert weiter in tabellarischer Form viele vergleichbare Seeunfälle seit 2003. Hier fällt vor allem auf, dass die Punkte „keine Rettungsweste„, „kein Lifebelt„, „unzureichende Einweisung“ und „Rettungsmittel nicht erfolgreich eingesetzt“ besonders häufig auftreten. Bei 10 von 12 untersuchten, schweren Seeunfällen trug die über Bord gegangene Person keine Weste.

Schlussfolgerung der genauen Untersuchung durch die BSU in Stichpunkten, begünstigende Faktoren der Unfall(-folgen)ursachen:

  • Verunglückte Person trug keine Rettungsweste
  • Fehlende Eigensicherung an Bord – Keine Sicherung durch Lifebelt
  • Unvollständige Sicherheitseinweisung der Crew
  • Keine Notrollen eingeteilt
  • Keine Übungsmanöver durchgeführt
  • Niedrige Wassertemperatur
  • Müdigkeit des Skippers
  • Fehlende Delegation des Skippers
  • Einnehmen eines unsicheren Stands des Skippers
  • Dem Wetter unangepasste Kleidung des Skippers
  • Kursänderungsmanöver ohne Planung/Besprechung
  • Mangelhafte Nutzung der Rettungsmittel
  • Mangelhafte Nutzung der mobilen Badeleiter
Das Heck der Segelyacht Speedy Go

Fazit des Seeunfalls - Checkliste zur Vermeidung schwerer Seeunfälle

Ein Großteil des BSU-Berichts beschäftigt sich mit den Lehren, die aus dem Seeunfall gezogen werden kann, um Unfälle möglichst zu vermeiden. Hier richtet sich das BSU sowohl an die Schiffsführer, als auch an Ausbildungsbetriebe und Werften.

Aus dem Fazit der Analyse entwickelte die BSU zum Beispiel eine Checkliste, um alle wichtigen Bereiche im Bezug auf das Sicherheitsmanagement abzudecken. Auch wurden Sicherheitsempfehlungen an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sowie den Schiffsbetreiber und die Bauwerft der SPEEDY GO adressiert. Die BSU empfiehlt dem zuständigen Bundesverkehrsministerium und der DGzRS, die Inhalte der Checkliste mit den eigenen Sicherheitsempfehlungen abzugleichen. Ziel ist es, eine gemeinsame Publikation mit gleichen Inhalten zu entwickeln und in der Sportschifffahrt zu etablieren.

 

 

Alle Fotos: BSU Bericht (Screenshots)