Osmose bei Booten und Yachten: Erkennung, Sanierung und Vorbeugung

Osmose bei Booten und Yachten entsteht, wenn Feuchtigkeit ins Laminat von GFK-Booten und -Yachten eindringt und kann dieses nach und nach zersetzen. Wie man Osmose erkennen, ihr vorbeugen und den Rumpf im Falle von Osmose sanieren kann, erklären wir in unserem Ratgeber.

Es gibt im Bootsbau fast kein Material, das absolut undurchlässig für Wasserdampf ist. Und genau damit fängt das Problem an, welches jeder Bootseigner fürchtet, dessen Bootsrumpf und Unterwasserschiff aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) besteht: Osmose.

Unser Ratgeber zu Osmose bei Booten und Yachten umfasst die folgenden Themen:

So entsteht Osmose

Um zu verstehen, wie Osmose überhaupt entsteht, lohnt ein Blick in den Aufbau eines GFK-Bootes: GFK besteht aus einem 2K-Harz, meistens Polyesterharz, welches durch Glasfasern, entweder als Glas-Matten oder als Gewebe erst zu einem stabilen und festen Material (Laminat) wird. Ohne die Glasfasern würde das Harz zu einem brüchigen Kunststoff aushärten, der nur wenig Belastung aushält. Das Laminat wird anschließend vom Gelcoat geschützt, um eine optisch glatte und schöne Oberfläche zu erzielen, die das Laminat vorm Eindringen von Feuchtigkeit schützt.

Das Gelcoat bietet allerdings auch keinen hundertprozentigen Schutz und nimmt über die Zeit Feuchtigkeit auf, die dann ins Laminat weiter gegeben wird. Unterschiede bestehen dabei im eingesetzten Harz: Polyesterharz ist anfälliger für Feuchtigkeit, Vinylesterharz bietet längerfristigen Schutz, Epoxidharz ist am wenigsten von Osmose gefährdet.

Sobald ein Boot im Wasser liegt, entsteht ein Diffusionsprozess. Vereinfacht gesagt dringt Feuchtigkeit/Wasserdampf ins Gelcoat und in das GFK-Laminat ein. Das alleine ist eigentlich noch kein Problem. Entscheidend, ob das Laminat auf Dauer durch Osmose beschädigt wird, sind folgende Faktoren:

  • das eingesetzte Harz (Polyester, Vinylester, Epoxidharz)
  • die eingesetzten Glasfasern (gepresste Matte, Gewebe)
  • der Herstellungsprozess des Laminats (Sorgfalt, Mischung, Aushärtungsreste, Lufteinschlüsse)
  • Die Menge an Lufteinschlüssen im Laminat

Hier sind vor allem die Lufteinschlüsse für die Entstehung von Osmose ausschlaggebend. Denn wenn bei der Diffusion Wasserdampf durch das Gelcoat ins Laminat dringt, werden Hohlräume und Poren zu Sammelstellen für Feuchtigkeit. Es entsteht eine Reaktion zwischen Harz und Wasser, die Hydrolyse genannt wird  – eine Spaltung chemischer Verbindungen, in diesem Falle des Harzes.

In der Folge wird das Harz zersetzt, wobei eine Säure entsteht, die den Prozess weiter fördert – und schon spricht man von der gefürchteten Osmose. Dabei beschleunigt sich der Prozess mit ansteigender Säureproduktion, denn die Säure „zieht“ weiteres Wasser ins Laminat, welches sich in den Hohlräumen sammelt und der Druck ansteigt – quasi eine Kettenreaktion. Durch den Druck bilden sich die von außen sichtbaren Bläschen, die eine typische Begleiterscheinung darstellen und oft die einzige Möglichkeit für den Eigner sind, Osmose überhaupt zu bemerken.

Durch die regelrechte Zersetzung im Inneren des Laminats wird das Harz aufgelöst und verliert die Bindung zu den Glasfasern. Resultat: Struktur, Festigkeit und Stabilität nehmen ab.

Osmose: Eher in Süßwasser oder Salzwasser?

Landläufig wird häufig die Meinung vertreten, dass Osmose häufiger in Salzwasser-Revieren auftritt. Wahrscheinlich liegt diese Annahme darin, dass See- bzw. Salzwasser generell als aggressiver und Materialbelastender gilt. Es ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Im Süßwasser liegende Boote sind eher und schneller vom Osmosebefall betroffen. Der Grund: Süßwasser verzeichnet eine geringere Dichte als Salzwasser. Deshalb wird von der durch Osmose entstehenden Säure mehr Wasser ins Laminat gezogen.

Osmose erkennen: Das sind die häufigsten Anzeichen

Viele Eigner bekommen einen regelrechten Schock, wenn sie das Boot im Herbst aus dem Wasser holen und am Unterwasserschiff Bläschen erkennen. Allerdings müssen Bläschen nicht unbedingt immer ein Zeichen von Osmose sein. Peter Wrede, Inhaber der auf Yachtlackierungen und Osmosesanierungen spezialisierten Firma „Peter Wrede Yacht Refits“ mit Sitz in Wedel, sagt dazu:

Nicht jede Blase ist gleich Osmose! Eine Blase ist eine Ablösung zwischen zwei Schichten und wir müssen untersuchen, was sich von was ablöst. (Peter Wrede, Inhaber Wrede Yacht Refits)

Das, was Wrede sagt, kennen viele Eigner aus der eigenen Erfahrung. Denn oft ist es nur die Antifouling-Farbe, die sich vom Untergrund löst, wenn zum Beispiel vorm Anstrich nicht ausreichend gereinigt oder eine Untergrundbeschichtung wie Primer nicht genügend Abluft-, bzw. Trocknungszeit bekommen hat – oder gar kein Primer vorhanden ist. Auch können Blasen entstehen, wenn zwei unterschiedliche, übereinander gestrichene Antifoulings nicht zueinander passen.

Um also eventuell auftretende Blasen am Unterwasserschiff auf Osmose zu überprüfen, sollten ein paar Bläschen zunächst vorsichtig aufgestochen werden. Am besten eignet sich dazu ein Cuttermesser, mit dem am Rand vorsichtig die Blase geöffnet und aufgeklappt wird, denn vor allem die Rückseite des Blasen-Inneren und das freigelegte Material darunter geben Aufschluss über den Grund. Das, was sich auf der Rückseite befindet, ist die Schicht, die sich ablöst.

Nur, wenn unter der Blase das Laminat erkennbar ist, kann von Osmose ausgegangen werden. Sind jedoch Farbschichten oder glattes Gelcoat sichtbar, handelt es sich um die Ablösung der darüber befindlichen Beschichtung. Ein weiterer Anhaltspunkt für Osmose ist eine sauer riechende Flüssigkeit, die beim Öffnen der Blasen entweicht. Eine säuerliche Flüssigkeit kann jedoch durchaus auch zwischen den Farbschichten entstehen, ist also kein gesicherter Beweis für Osmose.

Bläschen am Boot, die auf Osmose hindeuten.
Aufgestochene Blase bei der Osmose-Kontrolle. ©Peter Wrede Yacht Refits

Die 4 häufigsten Irrtümer zu Osmose bei Booten und Yachten

Da Osmose zu den meistgefürchteten Problemen von Bootsbesitzern gehört, wird darüber häufig und viel diskutiert. Dabei haben sich einige Irrtümer eingeschlichen, die häufig verbreitet werden:

Irrtum 1: „Wenn nach Essig riechende Flüssigkeit austritt, ist es immer Osmose“

Flüssigkeiten können sich auch zwischen einzelnen Farbschichten des Unterwasseraufbaus sammeln, wie Primer und Antifouling, oder auch zwischen verschiedenen Schichten Antifouling. Und auch diese eher harmlosen Flüssigkeiten können sauer riechen. Es muss also tiefer nachgesehen werden

Irrtum 2: „Mit einem Feuchtigkeits-Messgerät lässt sich Osmose ganz einfach feststellen“

Auch das stimmt nicht. Jeder Rumpf, der im Wasser war, ist grundsätzlich feucht. Mit einem Messgerät lassen sich weder die Menge noch die Art der Feuchtigkeit messen. Solche Messgeräte eignen sich eher bei der Kontrolle während der Sanierung, wenn der Rumpf trocknen muss. Außerdem muss das Messgerät entsprechend für eine Tiefenmessung für Laminate geeignet sein (Siehe Abschnitt „Sanierung“)

Irrtum 3: „Vor jedem Einwassern den Rumpf auf Osmose kontrollieren“

Das sollte genau andersherum erfolgen, nämlich direkt beim Auswassern nach der Saison. Im Winterlager trocknet ein Rumpf und dabei kann es durchaus passieren, dass sich die Blasen wieder zurückziehen und bei einer Kontrolle im Frühjahr Osmosebildung übersehen wird.

Irrtum 4: „Ältere und dick laminierte Schiffe bekommen keine Osmose“

Diese Annahme ist nicht richtig. Es dauert bei sehr dicken Laminaten nur länger, bis strukturelle Schäden entstehen. Bei älteren Schiffen besteht dazu das Problem, dass sich oft sehr dicke Unterwasserbeschichtungen und mehrere Lagen altes und neues Antifouling auf dem Rumpf befinden. In manchen Fällen so dick, dass Blasen gar nicht oder erst sehr spät erkannt werden.

Hinzu kommt, dass Harze aus den frühen Tagen von GFK-Booten häufig nicht sehr beständig gegen das Eindringen von Feuchtigkeit sind. Außerdem ist die Sorgfalt ein wichtiger Faktor, gerade beim sogenannten Handauflegeverfahren ist penibles Arbeiten gefragt.

Ratgeber Osmose: Vorbehandlung und Vorbeugung

Egal, ob es um werftneue Boote und Yachten geht oder um ältere, gebrauchte Boote: Eine fachgerechte Vorsorge und Prophylaxe hilft, dass Osmose gar nicht erst entstehen kann. Schutz bietet eine Wasserdampfsperre, die auf das Unterwasserschiff aufgetragen wird und dadurch Feuchtigkeit davon abgehalten wird, in Gelcoat und Laminat einzudringen.

Osmose vorbeugen bei Neubooten

Bei Neubooten ist ein wirksamer Osmoseschutz kein großer Aufwand. Bevor ein Boot zu ersten mal ins Wasser kommt, hilft es, eine Wasserdampfsperrschicht aufzubringen. Diese Sperrschicht besteht aus mehreren Lagen (mindestens fünf) Epoxidgrundierung. Beim Auftragen hilft es, zwei verschiedene Farben (zum Beispiel grau und grün) der Grundierung immer im Wechsel zu benutzen, um zu erkennen, wo die aktuelle Lage bereits deckend beschichtet wurde. Viele Werften bieten den Punkt „Osmoseschutz“ schon bei der Bestellung und Konfiguration von Neubooten an.

Osmose vorbeugen bei gebrauchten Booten

Bei gebrauchten Booten ist eine Vorbehandlung meistens mit mehr Aufwand verbunden. Die alte Beschichtung muss zunächst restlos entfernt werden, also Antifouling, Primer, etc. Diese Arbeitsschritte sind je nach Bootsgröße, Alter und Beschichtungen mit einiger Mühe und entsprechendem handwerklichen Können verbunden. Eine gründliche Vorarbeit ist in jedem Fall erforderlich, um einen wirksamen Osmoseschutz zu erzielen.

Danach erfolgt der Auftrag einer neuen Sperrschicht wie oben beschrieben. Die Firma Wrede bietet eine komplette Vorsorge an und alte Beschichtungen werden im Sandstrahlverfahren entfernt. Zwar kann eine Osmoseprophylaxe auch in Eigenarbeit erfolgen, jedoch ist allein die Bewertung des Zustands sehr komplex und erfordert entsprechende Kenntnisse und Erfahrung.

Ratgeber Osmose - Laminierarbeiten am Unterwasserschiff
Laminieren und Neuaufbau des Unterwasserschiffes. ©Peter Wrede Yacht Refits

Ratgeber Osmose: Sanierung des Rumpfs

Von Osmose betroffenes GFK kann auf fachgerechte Art und Weise saniert werden. Sofern die Zersetzung nicht zu weit fortgeschritten ist, das Schiff keine strukturelle Schäden aufweist und der Restwert noch nennenswert ist, lohnt sich der Aufwand auch häufig. Hier muss zunächst die gesamte Beschichtung, also Antifouling, Primer und Gelcoat des Unterwasserschiffes entfernt werden, danach erfolgt das Freilegen der betroffenen Stellen, also das Entfernen des betroffene Laminats.

Im Anschluss muss der Bootsrumpf getrocknet werden. Danach erfolgt der Neuaufbau, der je nach Osmose-Befall entweder mit Epoxidspachtel oder aber mit mehreren Lagen Glas und Harz laminiert wird. Zum Schluss erfolgt der Auftrag einer Wasserdampfsperre mittels mehrerer Lagen Epoxigrundierung, danach Primer und dann der Antifoulinganstrich.

Osmose Sanierung selber machen?

Die oben beschriebenen Arbeitsschritte können durchaus auch in Eigenregie erfolgen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass für eine fachgerechte Sanierung sowohl ein passender Arbeitsplatz, das richtige Werkzeug und nicht zuletzt Kenntnisse im Umgang mit Harz, Glasfasern etc. vorhanden sein sollten. Auch wird sehr viel Zeit benötigt, denn allein die Austrocknung des freigelegten Rumpfs dauert schon mal mehrere Monate.

Außerdem muss sehr sorgfältig gearbeitet werden, denn andernfalls tritt das Problem schnell erneut wieder auf. Die Do-It-Yourself-Sanierung ist daher vermutlich nur ratsam, wenn das Schiff bereits sehr betagt, der monetäre Restwert gering und die Schiffsgröße überschaubar ist – sprich die Investition einer Sanierung durch einen Fachbetrieb im Bezug auf den Bootswert keinen Sinn macht.

Professionelle Osmose-Sanierung

Fachbetriebe wie die oben erwähnte Firma Peter Wrede Yacht Refits haben sich auf die Osmosesanierung spezialisiert und verfügen sowohl über das Know-How als auch über die Infrastruktur und Ausstattung. So ist ein Abtragen der Beschichtung, des Gelcoats und das Freilegen aller von Osmose bettoffenen Nester mit dem Sandstrahlverfahren effektiv, schnell und schonend. Anschließend wird der Rumpf getempert, also bei etwa 40 Grad getrocknet. Auch dieses Verfahren geht wesentlich schneller als die Lufttrocknung, außerdem wird die Feuchtigkeit im Laminat ständig mit Messgeräten kontrolliert, bis die gewünschte Trocknung erreicht wurde.

Danach erfolgt der professionelle Neuaufbau des Laminats, die Glättung des Unterwasserschiffes mit Spachtel und Vinylester-Gelcoat und eine abschließende Wasserdampfsperre aus Epoxi, danach Primer und Antifouling.

Die Kosten variieren je nach Zustand, Bootsgröße und Arbeitsaufwand. Je nach Alter des Bootes, Wert, Bootsgröße und Zustand lohnt sich die Sanierung durch Profis nicht nur monetär, sondern auch im Hinblick auf die Dauer der Sanierung. Denn während in Eigenarbeit gut und gerne mal  je nach verfügbarer Zeit und Trockungsdauer viele Monate, wenn nicht Jahre vergehen können, ist eine Sanierung durch Fachbetriebe meist in wenigen Wochen abgeschlossen.