Dänische Südsee 2.0

Das “Sydfynske Øhav” (“Südfünnske Öhau”), Südfün’sches Inselmeer), umfasst 52 Inseln, die gut geschützt und gut erreichbar zu einem der schönsten Segelreviere der Welt zählen. In Deutschland nennt man dieses Gebiet “Dänische Südsee”. Nahezu jeder, der seinen Kiel in Ostseewasser getaucht hat, kennt dieses Gebiet. Manche kommen gar jedes Jahr hierher, um die Inseln, die kleinen bunten Fachwerkhäuser und das dänische Lebensgefühl “Hyggelig” (gemütlich) zu erleben. Die Dänische Südsee kennt jeder – und kaum einer kennt sie richtig. Ærøskøbing (Äähröhsköbing”), Svendborg (“Swennbohr”), Fåborg (“Foohbohr”), Marstal (“Marställ”), Sønderborg (“Sönnerbohr”), Bagenkop (“Bäjenkop”), ankern in der Dyvig (“Dühwieh”) und als Highlight und “Geheimtipp” dann noch zur Insel Lyø (Lüh-ö”) – so sieht in der Regel die Liste der Törnziele aus, die besucht werden. Man hat dann zwar wirklich schöne Orte besucht, aber auf dem Weg rechts und links vieles liegen lassen, was dieses einzigartige Revier ausmacht. Denn die Dänische Südsee hat weit mehr zu bieten, als die meisten Segler denken. Es gibt eine “Dänische Südsee 2.0”, die auf kleinen Inseln abseits der ausgetretenen Pfade wartet, entdeckt zu werden. Hier ein paar Tipps vom ADAC Gastautor Stephan Boden, Filmemacher, Buchautor und Revierkenner:

Was ist bei der Törnplanung in der Dänischen Südsee zu beachten?

Vergessen Sie es, bereits Wochen oder Monate vor der Reise einen Törnplan festzulegen. Der Wind kommt sowieso aus der anderen Richtung als geplant und man muss hier gar nicht beschließen, wohin man fährt. In jeder Windrichtung liegen immer gleich mehrere Häfen, die man anlaufen kann. Als beste Lösung hat sich herausgestellt, morgens zu sehen, woher der Wind kommt und dann genau diese Richtung nicht zu nehmen. Fahren Sie los und wenn Sie keine Lust mehr haben, halten Sie nach Masten Ausschau. Auf diesem Wege entdecken Sie neue Häfen. Schön ist es hier überall.

Umwege fahren macht Spaß

Sie sind ein klassischer “Meilenfresser” und unter 60 sm pro Tag sind sie nicht glücklich? Wunderbar! Das ist das perfekte Revier hier. Denn es gibt immer herrliche Umwege hier, um von A nach B zu kommen. Möchten Sie zum Beispiel bei Westwind von Sønderborg oder Høruphav (“Höruphau”) nach Marstal segeln, sind das auf direktem Kurs etwa 22 Seemeilen mit achterlichem Wind. Reicht Ihnen das nicht, können Sie auch anders fahren und dann wartet ein atemberaubender 60-Meilen-Tag auf Sie. Fahren Sie nach Norden in den Als Sund hinein. Dann wartet zunächst ein schöner und teilweise anspruchsvoller Törn durch den Sund und den Fjord hoch bis in den Norden der Insel Als. Dort kommen Sie in den kleinen Belt, fahren nördlich um die Insel Als, queren den Belt rüber zur Nordwestspitze von Ærø und segeln dann in den abwechslungsreichen Fahrwassern entlang vieler kleiner Inseln nach Marstal. Abends liegt ein seglerisch toller Tag hinter Ihnen, an dem Sie viel zu sehen und zu manövrieren hatten.

Wenn Sie mehr als 1,60 Meter Tiefgang haben, können Sie auch mal “Birkholm rund” versuchen. Die Insel ist nur 0,9 Quadratkilometer klein. Sie werden aber dennoch einen ganzen Tag dafür brauchen, weil es ringsherum sehr flach wird und man dann den Umweg durch den Svendborg-Sund und das Rüdköbing-Løb rund um die Insel Tåsinge nehmen muss. Was heißt “muss”? Es ist ein herrlicher Törn mit vielen Manövern und vielen schönen Plätzen, die man passiert.

Das gesamte Revier besteht aus vielfältigen Möglichkeiten, eine Tour vom an- bis zum Ablegen vielfältig zu gestalten. Es gibt dort nicht nur eine Strecke, es gibt zig verschiedene Routenoptionen.

Abwettern in der Dänischen Südsee

Wenn die Kaltfront mit Regen und Starkwind im Anmarsch ist, füllen sich die großen Versorgungshäfen recht schnell. Svendborg und Co. sind dann tagelang überfüllt mit Seglern, die während des Abwetterns Supermärkte, Shoppingmalls und Restaurants zur Verfügung haben wollen. Kaum jemand kommt auf die Idee, die 3 Tage Schwerwetter auf einer kleinen Insel zu verharren. Dabei ist das oftmals eine sehr gute Möglichkeit zum Abwettern.

Inseln wie Skarø (“Skarö”)oder Drejø (Draijö”) zum Beispiel bieten weitaus günstigere Liegeplätze, verfügen jedoch kaum über Versorgungsmöglichkeiten. Deshalb sind sie an Tagen mit starkem Wind und Regen auch stets sehr leer. Sie können sich aber auch dorthin verziehen. Denn jede kleine Insel hat eine Fährverbindung zu größeren Städten. Die Fähren fahren mehrmals täglich und kosten nicht viel. Wenn Sie also einkaufen oder essen gehen wollen, nehmen Sie einfach die Fähre. Eine Fahrt damit bei 8 Beaufort macht dazu sehr großen Spaß, weil man zum Glück nicht selbst da draußen ist, aber dennoch die Naturgewalten hautnah mitbekommt. Da beginnt das Sightseeing bereits mit der Fahrt.

Zeit lassen - Geschichten erleben

Man kann so etwas häufig beobachten: Eine Yacht kommt in den Hafen einer kleinen Insel. Die Crew macht fest, der Skipper geht zum Hafenmeister, zahlt sein Liegegeld. Danach grillen alle mit dem Cobb an Bord, gehen am Abend noch duschen und legen morgens wieder ab. Hier und dort wird auch noch ein kleiner Spaziergang rund um das Hafengelände gewagt. In der Nachbetrachtung war der Hafen dann nicht so gut, weil das WLAN ständig abgebrochen ist.

Nehmen Sie sich Zeit! Schauen Sie sich die Törnziele in Ruhe an. Hier in dem Gebiet südlich der Insel Fyn gibt es viele Geschichten und Menschen, die man einfach kennenlernen muss. Kaum jemand weiß, dass auf der kleinen Insel Skarø (35 Einwohner) das Eis für die Fist-Class der Singapore Airlines hergestellt wird. Martin, der Besitzer des kleinen Eisladens “Is fra Skarø” erzählt Ihnen gern, wie es dazu kam. Niemand weiß, dass auf der Mini-Insel Birkholm vor kurzem 11 Massai aus Tansania gewohnt haben, um dort eine Volkshochschule zu besuchen, die es eigentlich dort gar nicht gibt.

Dänen sind freundliche Menschen, die gern auch mal für einen Schnack zu haben sind. Sie reden auch gern über diese Geschichten. Man muss sich nur mit Ihnen unterhalten. Wenn Sie zum Beispiel mal ein Gespräch mit dem Hafenmeister von Trœnse (“Troohnsse”) beginnen, wird der Ihnen den Tipp verraten, mal kurz vorm Sonnenuntergang auf den Kirchturm von Tåsinge zu steigen. Dort ist der höchte Punkt der Dänischen Südsee und von da oben schaut man auf 48 Inseln, die im Gegenlicht funkeln. Der Hafenmeister gibt Ihnen dann auch noch einen Schlüssel und Fahrräder.

 

Alternativen in der Dänischen Südsee

Viele Inseln haben oft Alternativen, die nur wenige kennen. Avernakø (“Avernak-ö”) zum Beispiel ist ein recht beliebtes Ziel, in der Hauptsaison jedoch häufig überfüllt. Dabei gibt es auf der Insel, die eigentlich aus zwei Inseln besteht, die durch einen Damm miteinander verbunden sind (Avernak und Korshavn), eine wundervolle Alternative. Auf der Nordseite, gleich am Ende des Dammes, liegt der kleiner Anleger Korshavn (“Korshaun”). Dort findet man die absolute Ruhe und die typische Dänische Südsee. Das Liegegeld und auch die alten Leihfahrräder bezahlt man einfach mit der Kasse des Vertrauens, in dem man Geld in eine Box wirft. Brötchen kann man dort auch bestellen – die liegen dann am nächsten Morgen im Schuppen/Hafengebäude am Steg. Auch auf Drejø gibt es – auch an der Nordseite – den kleinen “Gamle Havn” (“Gämmle Haun”). Wenn die Dänen nicht gerade Urlaub haben (dann wimmelt es von Motorbooten) ist ein Besuch dort durchaus lohnenswert, sofern Sie nicht viel Tiefgang haben (Seekarten prüfen!). In der Regel treffen Sie dort niemanden, außer ein paar Einheimischen.

Übliche Wege verlassen

Fast jeder fährt bei einem Besuch der Südsee mal nach Fåborg. Wenn Sie von Süden kommen, liegt im Fahrwasser auf der linken Seite ein kleiner Hafen, den nur wenige besuchen: Dyreborg. Fast alle fahren daran vorbei, um die überfüllten Häfen zu erreichen, während dort das Paradies auf Sie wartet.

Genauso ist es in der Bucht von Ærøskøbing. Sollten Sie nicht mehr als 1,20 Meter Tiefgang haben, können Sie dort ganz hinten rein fahren. Ein etwas abenteuerliches Fahrwasser (keine Angst, nicht schlimm) zwischen kleinen Steinhaufen als Begrenzung zeigt Ihnen den Weg nach Ommel/Klevenhavn. Nur 4 Seemeilen vom Trubel entfernt liegt hier ein kleiner, verzauberter Ort, an dem Sie das Gefühl haben, dass noch niemals jemand vor Ihnen da war. Wenn Sie während Ihres Urlaubes Zeit haben und an der Küste einen Haufen Masten sehen: Fahren Sie mal hin. Man entdeckt dort viele schöne Plätze. Und deren Bewohner freuen sich stets über neue Besucher. Wenn Sie vom Hafenmeister im Auto mit zum nächsten “Superbrugsen”-Markt mitgenommen werden, oder er Ihnen sogar sein Auto leiht (sowas passiert hier oft) dann haben Sie sie erlebt: Die Dänische Südsee 2.0.

Informationen zum Autor:

Stephan Boden segelt bereits seit fast zwanzig Jahren intensiv in der Dänischen Südsee. Der Buchautor und Filmemacher hat über das Revier bereits Filme und Bücher produziert. Von 2012 bis 2014 verbrachte er auf einer Varianta 18 fast 50 Wochen in dem Gebiet. Seinen Revierführer “Dänische Südseeperlen”, der viele Geschichten und Tipps beinhaltet, findet man auf den Bestsellerlisten.