20.11.2025
Das Bundesverkehrsministerium hat kürzlich den Referentenentwurf für eine neue, einheitliche Sportschifffahrtsverordnung vorgestellt. In einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßen der ADAC und der VMWD das Vorhaben, sehen jedoch an mehreren Stellen auch Optimierungsbedarf.
Schon seit längerer Zeit arbeitet das Bundesverkehrsministerium (BMV) an einer neuen Sportschifffahrtsverordnung (SportSchVO), welche die bestehenden Vorschriften für die Sport- und Freizeitschifffahrt zusammenfassen und modernisieren soll.
Am 16. Oktober legte das BMV den Referentenentwurf für die neue Verordnung vor. Der ADAC hat sich nun gemeinsam mit dem Verband Maritime Wirtschaft Deutschland e.V. (VMWD, ehemals BVWW) im Rahmen einer 27-seitigen Stellungnahme geäußert.
Sportschifffahrtsverordnung: Die wichtigsten Punkte des Referentenentwurfs
Die Einführung einer einheitlichen Sportschifffahrtsverordnung beschäftigt Politik und Interessenvertreter bereits seit geraumer Zeit. Mit der Zusammenführung von aktuell sechs verschiedenen Verordnungen zum Thema Sportschifffahrt zu einer einzigen Verordnung soll das Sportschifffahrtsrecht künftig effizienter und ganzheitlich abgebildet werden. Eine solche Zusammenführung und Harmonisierung wird auch vom ADAC und anderen Verbänden schon seit mehreren Jahren gefordert.
Mit dem Mitte Oktober veröffentlichten Referentenentwurf ist nun ein weiterer Schritt in Richtung Sportschifffahrtsverordnung erfolgt. Unter dem Titel "Verordnung zur Neuregelung von Vorschriften in der Sportschifffahrt und zur Änderung von Vorschriften im Schifffahrtsrecht" behandelt der Verordnungsentwurf mehrere Themenbereiche. Die Kernpunkte haben wir nachfolgend als Übersicht zusammengefasst.
Verbandsscheine sollen amtlichen SBF ersetzen
Der amtliche Sportbootführerschein soll durch anerkannte Befähigungsnachweise ersetzt werden, die von Verbänden eigenverantwortlich ausgestellt werden. Das BMV erhofft sich dadurch schlankere Verfahren. Durch vorgegebene Ausbildungs- und Prüfungsinhalte, welche regelmäßig überprüft werden, soll die Sicherheit gewährleistet bleiben.
Fahrerlaubnispflicht für segelnde Fahrzeuge wird abgeschafft
In den Berliner Gewässern herrscht derzeit eine Fahrerlaubnispflicht für Seglerinnen und Seglern. Zugunsten der Gleichbehandlung aller deutschen See- und Binnenschifffahrtsstraßen des Bundes soll diese nun aufgehoben werden. Segelboote mit Motor fallen – bei entsprechender Motorisierung – weiterhin unter die Führerscheinpflicht für Motorboote.
Internationale Anerkennung von Sportbootführerscheinen
Auch die geplanten Verbandsscheine sollen gleichzeitig ein International Certificate of Competence (ICC), also einen international anerkannten Befähigungsnachweis darstellen. Auch ohne Führerscheinpflicht soll die Möglichkeit eröffnet werden, anerkannte Verbandsscheine für Segelboote als internationale Fahrerlaubnis auszustellen.
Gleichbehandlung von Elektro-Sportbooten
Bislang gab es eine Sonderregelung für die Führerscheinpflicht für Sportboote mit Elektroantrieb. Künftig soll ein Führerschein wieder dann erforderlich sein, wenn das Sportboot über mehr als 11,03 Kilowatt Leistung verfügt – unabhängig von der Antriebsart.
Sportschifffahrtsverordnung: Stellungnahme von ADAC und VMWD
Bei der Erarbeitung von neuen Verordnungen ist vorgesehen, dass auch Verbände und Organisationen, welche die Interessen von Betroffenen vertreten, von den zuständigen Ministerien angehört werden.
Zum Referentenentwurf der neuen SportSchVO haben deshalb auch der ADAC und der VMWD eine gemeinsam erarbeitete Stellungnahme abgegeben.
Neben ADAC und VMWD wird die Stellungnahme unter anderem von folgenden Organisationen mitgetragen:
„Der ADAC und der VMWD begrüßen die mit der Verordnung angestrebte Harmonisierung der Regelungen für die Sport- und Freizeitschifffahrt durch die Bundesregierung ausdrücklich“, heißt es in der Stellungnahme. Für Nutzende wie auch die Branche sei es ein „langgehegter Wunsch“, die Diversität der Regelungswerke im Bereich der Sportschifffahrt neu zu ordnen, zu modernisieren und zu vereinheitlichen. In der Stellungnahme betonen die Verbände auch ihre Unterstützung für das Ziel des Verordnungsentwurfs, Gefährdungspotenziale bei der Ausübung von Wassersport und Wassertourismus zu verringern.
Gleichzeitig gibt es aus Sicht von ADAC und VMWD jedoch auch Optimierungsbedarf bei einigen Punkten, der im weiteren Bearbeitungsprozess in den Fokus genommen werden sollte.
Einheitlichkeit der verwendeten Begriffe
Begrifflichkeiten sollten durchgängig einheitlich verwendet werden, um Irritationen zu vermeiden und auch weitergehende Verordnungen wie die SchSicherheitsVO, die SchAusrüstungsVO, oder die SeeSportVO sollten diesbezüglich gegengeprüft und gegebenenfalls angeglichen werden.
Abschaffung des amtlichen Sportbootführerscheins (SBF)
ADAC und VMWD halten nach wie vor die Beibehaltung eines amtlichen SBF für die bessere Lösung als seine Abschaffung. Allerdings sollten mehr Wettbewerbsmöglichkeiten geschaffen, Bürokratie abgebaut und ein durchdigitalisierter Prozess dafür geschaffen werden.
Der ADAC hatte sich bereits im Dezember 2024 in einer Stellungnahme dazu geäußert und mögliche Nachteile bei einem Wegfall des amtlichen SBF aufgezeigt. Auch bei einer Nutzerbefragung über den ADAC Skipper Club, welche in die Stellungnahme mit eingeflossen ist, sprachen sich die Teilnehmer mehrheitlich für eine Beibehaltung des amtlichen SBF aus.
Ersatz des SBF durch amtlich anerkannte Verbandsscheine
Im Ersatz des SBF durch amtlich anerkannte Verbandsscheine sehen ADAC und VMWD die Gefahr, dass die Wertigkeit und Relevanz des Befähigungsnachweises darunter leiden könnten.
ADAC und VMWD fordern klare Vorgaben vom BMV bezüglich der Anerkennung sowie der Fach- und Rechtsaufsicht für die neuen Verbandsscheine. Auch der Prüfungsprozess sollte in einer Durchführungsrichtlinie detailliert abgebildet werden. Wichtig ist zudem, dass die internationale Anerkennung der Scheine unverändert weiter gilt.
Befähigungsnachweise
Hinsichtlich der Befähigungsnachweise sollte es Ausbilderinnen und Ausbildern gestattet werden, auch als Prüferinnen und Prüfer tätig zu sein, sofern die Neutralität gegenüber den zu Prüfenden weiter gewährt bleibt.
Ein nicht bestandener Prüfungsteil sollte einen Tag später wiederholt werden können und das Internationale Zertifikat ICC muss direkt mit dem Befähigungsnachweis ausgestellt werden.
Prüfungsorte sind seitens der anerkannten Verbände festzulegen – es bedarf jedoch einer praxistauglichen Flexibilität bei der Streichung und Neubenennung von Prüfungsorten. Damit möchten ADAC und VMDW den möglichst einfachen Zugang von Verbrauchern zum Erwerb der Befähigungsnachweise sicherstellen.
Auch in Zukunft sollten die Prüfungen für den Befähigungsnachweis „See“ auch auf Binnenschifffahrtsstraßen und anderen Binnengewässern möglich sein. Dasselbe sollte für den Bereich „Binnen“ gelten.
Entziehung des Nachweises
ADAC und VMWD plädieren bei der Entziehung des Nachweises für eine Regelung analog zu den im Straßenverkehr geltenden Regeln.
Ausrüstungsgegenstände
In diesem Bereich sehen ADAC und VMWD Verbesserungsvorschläge in großem Umfang und eine Widersprüchlichkeit des Themas im vorliegenden Referentenentwurf. Die Verbände schlagen deshalb zeitnah einen über die Verbändeanhörung hinausgehenden, separaten Austausch zwischen dem BMV und anderen relevanten Stakeholdern vor.
Kanus
Das neu aufgenommene Gutachten für Kanus, Kajaks und Ähnlichem schafft aus Sicht von ADAC und VMWD Überregulierung und bürokratischen Mehraufwand für die Hersteller. Hier sollte eine vom Hersteller erstellte Risikoanalyse im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes ausreichend sein.
Charterscheinstrecken
ADAC und VMWD schlagen vor, auf den Charterscheinstrecken den Gelegenheitsverkehr auf Sportbooten bis maximal 12 Personen explizit mit in die SpSchV aufzunehmen und somit zuzulassen. Das schafft aus Sicht der beiden Verbände mehr Sicherheit, unter anderem bei Schulklassen oder Filmteams.
Wassermotorräder
Aus Sicht von ADAC und VMWD ist der Referentenentwurf in Bezug auf Wassermotorräder wie Jetskis sehr restriktiv gefasst, was deren Nutzungsmöglichkeiten sehr stark einschränkt. Hier wurde der Vorschlag eingebracht, Wassermotorräder vom Grundsatz her genauso zu behandeln wie Sportboote.
Anker- und Schleusenmanöver
Die optional vorgesehene Durchführung von Anker- und Schleusenmanövern im Rahmen der praktischen Prüfung (je nach lokalen Gegebenheiten) führt aus Sicht von ADAC und VMWD zu einer generellen Ungleichbehandlung von Sportbootführerschein-Anwärterinnen und Anwärtern. Es müssen für alle gleiche Prüfungsbedingungen herrschen, die die Bedingungen auf allen Prüfungsgewässern berücksichtigen und sich einheitlich in Prüfungssituationen auf diesen abbilden lassen.
CE-Kennzeichnung
Die CE-Kennzeichnung von Booten kann aus Sicht von ADAC und VMWD nicht als Fahrtauglichkeitsnachweis herangezogen werden. Es ist aus Sicht der Verbände nicht im Sinne der Richtlinie, Boote zu einem späteren Zeitpunkt als bei Inbetriebnahme oder Inverkehrbringen konform zu kennzeichnen. Die Konformitätserklärung ist zwar ein dauerhaftes Dokument, kann aber nicht über den wirklichen Zustand des Bootes und damit dessen Sicherheit Auskunft geben.
In der Stellungnahme versichern der ADAC und der VMWD ihre Bereichtschaft, den weiteren Prozess im Sinne aller wassersportlichen Akteure ebenso wie der Verbraucherinnen und Verbraucher konstruktiv zu begleiten. Dem BMV bieten sie ihre fachliche Unterstützung, beispielsweise bei der Etablierung eines „Experten-Kontrollgremiums Sportschifffahrt“ an.
Die vollständige Stellungnahme inkl. dezidierter Kommentierung der einzelnen Punkte stellen wir nachfolgend zur Einsicht und zum Download zur Verfügung.
Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens noch für 2025 geplant
Länder und Verbände hatten bis zum 14.11.2025 die Möglichkeit, ihre Stellungnahmen zum Referentenentwurf einzubringen. Die Stellungnahme von ADAC und VMWD ist fristgerecht beim BMV eingelangt.
Das BMV beabsichtigt, das Rechtsetzungsverfahren noch in diesem Jahr abzuschließen, sodass die Verordnung zu Beginn der Sportbootsaison 2026 in Kraft treten kann. Die Änderungen im Sportbootführerscheinwesen sollen im Wesentlichen nach einer Übergangsfrist zum 01.01.2028 Anwendung finden.
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